In den Niederlanden wurde das bisher größte Kokainlabor des Landes entdeckt. Drogen im Verkaufswert von circa fünf Millionen Euro wurden hier pro Tag aus Kleidung extrahiert, die in den Südamerika mit verflüssigtem Kokain präpariert wurde. Für die Ermittlungsbehörden ist es schwer, solche Lieferungen aufzuspüren.
Es sei das größte Drogenlabor, das in den Niederlanden jemals ausgehoben wurde, wenn nicht sogar in Europa, sagt der NDR-Journalist Benedikt Strunz, der zu dem Thema recherchiert.
"Es ist das größte Drogenlabor, das in den Niederlanden jemals gefunden wurde, eigentlich sogar in Europa."
Derzeit würden fast wöchentlich Drogenlabore entdeckt, aber dieses sei schon sehr besonders. Zum einen wegen der Menge an Drogen, die hier täglich produziert wurde: rund 200 Kilogramm Kokain mit einem Straßenverkaufswert von rund fünf Millionen Euro. Zum anderen, weil das Labor in einer Pferdemanege in einem Dorf im Nordosten der Niederlande so umgebaut wurde, dass Menschen hier sogar leben konnten.
Kleidung in verflüssigtes Kokain getunkt
Besonders bemerkenswert sei aber auch die Produktionsmethode: Kokain, zuvor in Südamerika verflüssigt und in Klamotten getränkt, wurde in dem Labor wieder herausgewaschen und in Pulverform gebracht.
"Kokain, das verflüssigt in Kleidung gebracht wurde, konnte hier ausgewaschen und dann wieder in eine Pulverform gebracht werden."
Der Prozess der Extraktion sei sehr aufwendig, dafür brauche es Chemiker, sagt Benedikt. Für den Vorgang brauche es außerdem Firmenstrukturen in Europa mit Unternehmen, die offiziell Kleidung aus Südamerika importieren. Wie in der Industrie würden dann Verträge abgeschlossen mit Drogenkartellen im Ausland.
Für den Zoll in Europa sei es teilweise sehr schwer, Materialien, die mit flüssigem Kokain getränkt wurden, aufzuspüren. Benedikt berichtet von Funden, bei denen Holzbriketts mit Kokain präpariert wurden, das von den Spürhunden nicht erschnüffelt werden konnte. Auch andere Testmethoden der Polizei reagierten nicht auf die Drogen
Hoher Reinheitsgrad der Droge
Schon vor Jahren habe die Ndrangheta in Italien versucht, Kokain auf ähnliche Weise nach Europa zu schmuggeln. Nach der Extraktion sei die Qualität der Droge allerdings so schlecht gewesen, dass sie auf dem Großmarkt kaum zu verkaufen gewesen sei. Jetzt aber scheint man Methoden gefunden zu haben, die zu einer deutlich bessren Qualität führen, sagt Benedikt.
Seit es französischen und niederländischen Beamten vor Monaten gelungen ist, speziell verschlüsselte Handys zu knacken und über hundert Millionen Chatnachrichten abzufangen, stehen die Niederlande im Zentrum von Ermittlungen. Über Jahrzehnte scheint sich hier eine perfekte Infrastruktur für die Organisierte Kriminalität gebildet zu haben. Wir berichteten darüber.
Drogen, Waffen, Kontakte
Die Niederlande seien mittlerweile zum Schmelztiegel für organisiertes Verbrechen geworden. Das habe verschiedene Gründe, vor allem sei zu lange nicht ausreichend gegen Organisierte Kriminalität vorgegangen worden. Kriegswaffen, Leute, die Kokain aus den Häfen holen, Utensilien für Drogenküchen, Kontakte zu Kartellen - es gebe einzelne Straßen in den Niederlanden, wo solche Wünsche erfüllt werden, sagt Benedikt.
"Es gibt einzelne Straßen, da kann ich durchgehen und finde Kriegswaffen, Leute, die mir das Kokain aus dem Hafen holen, die mir Chemikalien besorgen, die mir Kontakte zu Kartellen vermitteln."
Auch wenn niederländische Behörden immer wieder Razzien durchführen würden, seien das nur einzelne Big Shots, die aber kaum nachhaltig seien, sagt Benedikt. Es sei wichtig für das Land, zu erkennen, dass sie ein strukturelles Problem haben und das sie tatsächlich auf dem Weg seien, ein Narcos-Staat zu werden. Und dann müsse das Thema zusammen mit anderen europäischen Behörden hart angepackt werden, meint der Journalist.
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