Am 12. März 1952 erhebt Luise Rehling (CDU) im Bundestag die Stimme für die Kinder schwarzer amerikanischer Besatzungssoldaten und weißer deutscher Frauen.
Hinweis: Diese Folge bieten wir aus redaktionellen Gründen nicht zum Nachhören an.
Man solle den Kindern "nicht nur die gesetzliche, sondern auch die menschliche Gleichberechtigung" gewähren und könne damit einen "Teil der Schuld abtragen, die der Nationalsozialismus durch seinen Rassendünkel auf das deutsche Volk geladen hat", so die CDU-Politikerin Luise Rehling am 12. März 1952.
Unüberhörbarer Widerstand
Diese Rede wird nicht ohne Grund gehalten, denn die Kinder afroamerikanischer Soldaten und deutscher Frauen müssen eingeschult werden – doch der Widerstand gegen die Kinder der "Amihuren" ist groß und unüberhörbar.
In den Medien werden Mütter erbarmungslos rassistisch und menschenverachtend befragt, ihnen wird pauschal die Erziehungsfähigkeit abgesprochen. Scheinheilig wird ihnen die Frage gestellt, ob eine Adoption nicht die beste Lösung für sie und die Kinder sei. Tatsächlich stimmen viele Mütter, zermürbt von der öffentlichen Hetze, einer anonymen Adoption zu.
Anonyme Adoption
Ihre Kinder verschwinden damit für immer in die USA, nach Australien oder einige skandinavische Länder. Dort kommen sie nicht selten in Familien, die sich aufopfernd um die Kinder kümmern und sie großziehen. Viele von ihnen können studieren, lukrative Berufe ergreifen und eigene Familien gründen. Doch die adoptierten Kinder leiden zeitlebens darunter, nicht zu wissen, wer ihre leiblichen Eltern sind.
Das lag nicht an einer Verweigerungshaltung ihrer Adoptiveltern, sondern an der Tatsache, dass in den Adoptionspapieren vielfach ihre Namen verändert und gefälscht wurden. Die Suche nach Vater und Mutter ist damit massiv erschwert und in vielen Fällen unmöglich gemacht worden. Mit der endgültigen Löschung ihres richtigen Namens ist nicht nur ein Verbrechen an den Kindern, sondern auch an ihren Müttern begangen worden. Einige hundert Fälle sind bekannt, in denen beide Seiten erfolglos gesucht haben – oft ein Leben lang.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Der Hamburger Pädagoge Joachim Schröder schildert den Umgang der westdeutschen Gesellschaft mit den Kindern schwarzer amerikanischer Besatzungssoldaten in den 50er Jahren.
- Die afro-deutsche Literaturwissenschaftlerin Marion Kraft erläutert den von ihr kreierten Begriff der "Kinder der Befreiung".
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld schildert, wie das Verhältnis zwischen den amerikanischen GIs und der westdeutschen Bevölkerung in der Nachkriegszeit war.
- Maria Liley hat sich mit der Biographie von Luise Rehling beschäftigt.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Nadine Kreuzahler erinnert an die berühmte Rede, die Luise Rehling im März 1952 vor dem Deutschen Bundestag gehalten hat.
Unser Bild oben rechts zeigt Luise Rehling, wie sie Konrad Adenauer 1964 zu dessen 88. Geburtstag gratuliert. Oben links seht ihr eine historische Fotografie aus dem Deutschland der 50er-Jahre: Schulkinder, darunter auch drei sogenannte "Besatzungskinder", sitzen an ihrem ersten Schultag erwartungsvoll im Klassenzimmer.
Triggerwarnung: In dieser Ausgabe von "Eine Stunde History" geht es um ein Thema, das mit Rassismus in der deutschen Nachkriegszeit zu tun hat. Dabei fallen als Zeitdokument auch rassistische Begriffe.