Nach dem Hochwasser in Süddeutschland diskutieren Bund und Länder, wie man solche Katastrophen in Zukunft eindämmen kann. Eine Möglichkeit: Den Flüssen mehr Platz fürs Wasser lassen.

Während an vielen Orten in Süddeutschland schon aufgeräumt wird, bleibt die Hochwasserlage in einigen Regionen weiter angespannt, zum Beispiel in Passau, wo die Fluten nur sehr langsam zurückgehen.

In Regensburg machen die völlig durchweichten Böden den Menschen Sorge. In der Zwischenzeit ist in der Politik eine Diskussion um die Zukunft des Hochwasserschutzes in Zeiten der Klimakrise gestartet. Olaf Scholz sagte im Bundestag, man müsse nun aktiv werden.

"Wichtig ist, dass nun auch überall im Land Flutpolder und Rückhaltebecken entstehen, auch wenn das nicht überall beliebt ist."
Bundeskanzler Olaf Scholz, SPD

Die Landesregierung in Bayern steht in der Kritik, weil dort Flutpolder wohl teilweise verhindert wurden.

Was sind Flutpolder?

Polder sind Überschwemmungsflächen, die man bei Bedarf öffnet, damit das Wasser sich ausbreiten kann, wie Deutschlandfunk-Korrespondentin Ann-Kathrin Büüsker erklärt. Damit simuliert man die Natur eines Flusses, der ohne menschlichen Einfluss mäandert, sich also immer wieder ein neues Flussbett gräbt.

Durch die Begradigung der Flüsse, den Bau von Deichen und die Urbarmachung der ehemaligen Ausweichzone der Flüsse sind diese vom Menschen über Jahrhunderte eingeengt worden. Wenn es zu Starkregen kommt, dann sucht sich das überschüssige Wasser seinen Weg und überflutet die Deiche.

Wasser braucht Platz, um auszuweichen

Polder geben dem Fluss also wieder mehr Platz. Eine noch bessere Hochwasserschutzmaßnahme wäre die Renaturierung der Flussauen, in die das Wasser immer hineinfließen kann.

"Da kann ein Auwald wachsen, und das kann noch viel mehr Wasser speichern. Im Grunde geht es darum, Schwämme neben dem Fluss zu schaffen."
Ann-Kathrin Büüsker, Deutschlandfunk-Korrespondentin

Die Umsetzung solcher Maßnahmen gestaltet sich allerdings schwierig. Meist handelt es sich um besonders fruchtbare Flächen, die wichtig für die Landwirtschaft sind und entsprechend genutzt werden.

"Gute landwirtschaftliche Flächen gibt man als Bauer natürlich nicht gerne ab, zumal nicht in Zeiten, wo Fläche immer weniger und deshalb auch immer wertvoller wird."
Ann-Kathrin Büüsker, Deutschlandfunk-Korrespondentin

Enteignungen sind für solche Projekte rechtlich nicht möglich. Entschädigungen und Flächentausch wären laut Büüsker eine Lösung, dafür werde aber sehr viel Geld benötigt.

Neues Gesetz Ende des Jahres erwartet

Das neue Hochwasserschutzgesetz soll bis Jahresende vorgelegt werden. Dabei handelt es sich um ein Bündel an Maßnahmen. Die Bundesländer hatten dafür zahlreiche Vorschläge gemacht, auch schon nach dem Hochwasser im Ahrtal.

Neben den genannten Maßnahmen ist der zentrale Punkt, dass das Bauen in Überschwemmungsgebieten verboten werden soll. Im Moment ist das rechtlich nur schwierig umsetzbar, daher hoffen die Länder auf eine entsprechende Entscheidung des Bundes.

Im Bild oben: An der Lippe bei Haltern (NRW) wurde der Deich rückverlegt und somit ein größeres Überflutungsgebiet für den Fluss geschaffen.

Shownotes
Flutkatastrophen
Was naturnaher Hochwasserschutz bedeutet
vom 07. Juni 2024
Moderation: 
Thilo Jahn
Gesprächspartnerin: 
Ann-Kathrin Büüsker