Bei dem Attentat im Großraum Atlanta hat ein Mann acht Menschen erschossen. Sechs davon waren asiatischer Abstammung. Das Motiv ist noch unklar. Rassismus kann nicht ausgeschlossen werden. Inzwischen ist eine Debatte über Hass auf Menschen mit asiatischem Aussehen entbrannt. Wir haben darüber mit der Politikwissenschaftlerin Liya Yu gesprochen.
In der Corona-Pandemie gab es in verschiedenen Ländern verbale und körperliche Übergriffe auf Menschen mit asiatischem Aussehen. Am Mittwoch hat ein Mann im Großraum Atlanta acht Menschen erschossen, sieben davon Frauen, sechs mit asiatischem Aussehen. Nach diesem Ereignis, so die Politikwissenschaftlerin Liya Yu, habe die asiatische Community Angst und sei verunsichert – nicht nur in den USA, sondern auch in anderen westlichen Gesellschaften, etwa in Deutschland.
"Ich verstehe sehr gut, wie sich Asian Americans fühlen. Die haben Angst, die sind verunsichert, aber auch in der Diaspora weltweit, auch in Deutschland."
Nach dem Attentat attestierte der Sprecher des Sheriff-Büros in Georgia dem mutmaßlichen Attentäter, einen schlechten Tage gehabt zu haben. Mit solchen Aussagen humanisiere der Beamte den Attentäter, spreche aber nicht über die Opfer, sagt die Politikwissenschaftlerin.
Auf der anderen Seite hätten beispielsweise die New York Times oder das Time-Magazin groß über die Asian Americans in den USA berichtet, so Liya Yu. Auch Joe Biden hat ein Statement abgegeben, sowie auch andere große mediale Persönlichkeiten in den USA.
Die USA seien zwar sehr gespalten, aber dennoch gebe es hier einen Rassismus-Diskurs – so auch nach dem Civil-Rights-Movement beispielsweise. Eine solche Reaktion, medial und politisch, habe es in Deutschland nach Hanau oder Rostock-Lichtenhagen nicht gegeben, so die Politikwissenschaftlerin.
"Wo gab es in Deutschland nach Hanau und Rostock-Lichtenhagen dieselbe Reaktion – medial und politisch?"
Das Problem der Dehumaniserung
In den Sozialen Medien solidarisieren sich Menschen unter dem Hashtag #StopAsianHate. Weniger gut gefalle der Politikwissenschaftlerin daran das Wort Hass. Hass sei etwas anderes als Rassismus, sagt sie. Hass sei auf eine Weise nicht so stark wie Rassismus, welcher Dehumanisiere. Wie die Forschung zeige, führe gerade die Dehumanisierung zu verheerenden Folgen wie Aggression.
So würden beispielsweise sowohl schwarze Menschen als auch asiatische Menschen dehumanisiert werden. Dabei würden schwarze Menschen oft als aggressiv bewertet, Asiatinnen vor allem als unterwürfig. In der Konsequenz werde durch die Dehumanisierung beiden Gruppen der moralische Schutz abgesprochen, sagt Liya Yu.
Situation in Deutschland und USA nicht vergleichbar
Die Situation für Menschen mit asiatischem Aussehen in Deutschland sei eine andere. Das Problem der asiatischen Community hierzulande sei ihre Unsichtbarkeit und Stimmlosigkeit, die zu Verletzlichkeit führe, sagt Liya Yu. Die fehlende Repräsentation mache sie angreifbar.
Anders die USA: Das Land habe zwar historisch, durch Ausbeutung und Krieg, Rassismus gegen asiatische Menschen ausgeübt, doch hätten die USA auch eine Einwanderungsgeschichte. In dieser konnten Asiatinnen und Asiaten zu erfolgreichen Persönlichkeiten aufsteigen. Auch Liya Yu zählt sich dazu, sagt sie. Sie habe mit einem Vollstipendium in den USA studiert und sich an den Universitäten auf vielen Ebenen sehr viel wohler gefühlt als in Deutschland.
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