Die braune Holztür ist massiv, stark und hat mehr als fünfzig Menschen das Leben gerettet. Während des Anschlags auf die Synagoge in Halle im vergangenen Oktober hat sie den Schüssen des Attentäters Stand gehalten. Jetzt soll sie künstlerisch umgestaltet werden – von der 19-jährigen Lidia Edel.
Etwas mehr als neun Monate ist der rechtsterroristische Anschlag auf die Synagoge in Halle in Sachsen-Anhalt nun her. Der Prozess gegen den Attentäter Stephan B. hat in Magdeburg bereits begonnen. In Halle wurde nun am Dienstag (28.07.2020) die Synagogentür, die Stephan B. aufzubrechen versuchte, gegen eine neue ausgetauscht.
Mit vor Ort war auch Lidia Edel. Denn die 19-jährige Abiturientin leitet das Kunstprojekt zur Umgestaltung der Tür – und das, obwohl sie nicht Mitglied in der jüdischen Gemeinde ist.
Lidia fühlt sich mit der jüdischen Gemeinde schon immer eng verbunden. Denn viele ihrer Freunde gehen in die Synagoge. Sie alle haben – wie sie – russische Wurzeln, erzählt Lidia. Doch nicht nur wegen ihren Freunden kennen sie die Gemeindemitglieder, sondern auch wegen ihrer Kunst: Sie hat viele Bilder für die Wände der Gemeinde gemalt. Und jetzt ist sie verantwortlich für etwas noch größeres: die symbolträchtige Holztür der Synagoge.
"Die Idee, daraus ein Kunstwerk zu kreieren, war nicht sofort da. Es war die Ungewissheit, was mit der Tür passiert: Wird sie weggestellt? Wird sie recycelt? Wird sie zerstört?"
Aus der Tür ein Kunstprojekt machen – das war die Idee von Lidia. Ihr war es wichtig, dass die Tür nicht in Vergessenheit gerät, sagt sie. Für die Gemeinde habe die Tür eine sehr große Bedeutung. Außerdem sei die Tür seit dem Attentat nicht mehr voll funktionsfähig. Einschusslöcher seien zu sehen, das Schloss lasse sich nicht mehr richtig verschließen.
Es darf nicht in Vergessenheit geraten
Um zu verhindern, dass die Tür auf der Müllkippe landet, hat Lidia die Idee zum Kunstprojekt vor einiger Zeit der Gemeinde vorgestellt – mit Erfolg. Bis zum 9. Oktober arbeitet sie noch an dem Kunstwerk, dann soll es fertig sein.
Die Werkstatt von Lidia befindet sich im Keller der Gemeinde, knapp zwei Kilometer von der Synagoge entfernt. Was hier in den kommenden Monaten passieren wird, bleibt geheim. Doch eins kann Lidia schon heute verraten: Die Komposition der Tür soll so bleiben wie sie ist. Es sei ihr wichtig, die Tür und ihre Botschaft nicht zu verfälschen, es handele sich immerhin um ein historisches Artefakt.
"Ich will die Tür nicht verfälschen. Das heißt, sie soll in ihrer Komposition so bleiben, weil es ist ein historisches Artefakt. Man sollte die Botschaft, die die Tür bereits vertritt, nicht verändern."
Mit dem Kunsprojekt einen Diskurs schaffen
Viele Gemeindemitglieder unterstützen Lidia, erzählt sie. Das sei ihr wichtig. Die Tür soll zum Symbol für alle Menschen werden. Deshalb werde das Kunstwerk im Oktober in der jüdischen Gemeinschaft enthüllt und an einem "sichtbaren Ort" ausgestellt. Mit dem Kunstprojekt will sie die Gefühle, Gedanken und Sorgen der jüdischen Gemeinde an die Öffentlichkeit tragen – und dadurch einen Diskurs schaffen.
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