Vor einem Monat gab es einen Militärputsch in Myanmar. Seitdem geht das Militär gewaltsam gegen hunderttausende Demonstrierende vor. Jella Fink arbeitet in Myanmar und bekommt die Situation hautnah mit.
In der Nacht zum 1. Februar 2021 ging es los: Das Militär nahm wichtige Mitglieder der Regierung fest, darunter auch die gewählte Regierungschefin Aung Sang Suu Kyi. Angeblich sei bei der Parlamentswahl im November betrogen worden. Beweise dafür gab es keine.
Armeechef Min Aung Hlaing hat den Notstand ausgerufen und ist in dieser Zeit der Chef des ganzen Landes und hat die oberste Befehlsgewalt.
Das Militär handelt gegen den Willen Hunderttausender Bürgerinnen und Bürger. Sie gehen seit Wochen auf die Straßen und fordern die alte Regierung zurück. Es kommt zu Gewalt: Allein am Sonntag sind laut dem Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen mindestens 18 Menschen getötet und 30 verletzt worden. Insgesamt wurden mindestens 1100 Menschen festgenommen.
Jella Fink ist mittendrin.
Sie arbeitet als Landeskoordinatorin für den Verein Weltfriedensdienst in der Wirtschaftsmetropole Rangun, der größten Stadt des Landes. "Es ist hier sehr viel beunruhigender und unberechenbarer geworden", sagt sie. Es sei extrem schwer einzuschätzen, ob und wann es zu Gewalt kommt. Ursache der Gewalt: die Sicherheitskräfte.
"Die Protestierenden bemühen sich so gut sie können, sich friedlich zu verhalten und der Gewalt zu entgehen."
Bis sich die Lage in Myanmar entspannt, scheint es noch eine lange Zeit zu dauern. "Die meisten haben sich auf einen längeren Zustand eingestellt", sagt Jella Fink. Die Demonstrierenden schauen auf andere asiatische Hotspots, Honkkong etwa, und lernen die dortigen Protest-Taktiken. Sie seien gut organisiert und entschlossen, sich dem Staatstreich in den Weg zu stellen.
"Es gibt hier die sogenannten Frontliners", erklärt Jella Fink. "Das sind die, die in der ersten Linie die anderen Demonstrierenden schützen." Eigentlich wäre das die Aufgabe der Sicherheitskräfte wie der Polizei, die aber ihrer Arbeit nicht mehr nachkämen.
"Die Sicherheitskräfte schützen die Demonstrierenden nicht mehr. Die Menschen müssen sich selbst schützen."
Das Ziel der Demonstrierenden: den Militärputsch beenden.
Das Militär hingegen verspricht die Rettung der Demokratie. Für Jella Fink ist das Propaganda: "Das ist eine Junta, die sich hier die Macht ergriffen hat und die unbedingt wieder abgesetzt werden muss."
Jella Fink will in Myanmar bleiben
Eine Lösung des Konflikts ist nicht absehbar: "In der Zukunft ist noch mit Gewalt zu rechnen." Denn das Militär spreche nicht die Sprache des friedvollen Widerstandes, auch internationale Interventionen würden nicht verstanden.
Jella Fink selbst will im Land bleiben. Sie sieht sich in der moralischen Pflicht, so viele internationale Beobachterinnen und Beobachter gebe es derzeit nicht in Myanmar: "Es wäre ein ganz schlechtes Signal, wenn wir Auslänger jetzt gehen würden." Aber es mache ihr große Sorgen, dass es vielleicht irgendwann nicht mehr ihre Entscheidung sein könnte. Sie will bleiben - so lange es geht.