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Vor zwei Wochen erschütterte ein heftiges Erdbeben Myanmar. Tausende Menschen starben, viele werden noch vermisst. Die Militärregierung lässt nur wenige ins Land, in dem zeitgleich die Bürgerkriegskämpfe weitergehen. Wer kann überhaupt noch helfen?

Tausende eingestürzte Häuser und Brücken, zerstörte Straßen, Zugstrecken und Wasserleitungen: In Myanmar ist ein Durchkommen dieser Tage schwierig. Auch zwei Wochen nach dem schweren Erdbeben brauchen die Menschen vor Ort dringend Hilfe.

"Zehntausende Familien sind obdachlos und stehen vor dem Nichts."
Jennifer Johnston, ARD-Korrespondentin in Singapur

Doch schon vor dem Erdbeben ging es den Menschen im Land schlecht. Seit 2021 herrscht im Land Bürgerkrieg – und auch jetzt halten die Kämpfe trotz eigentlich vereinbarter Waffenruhe an.

Keine Berichterstattung, = keine Spenden

Inzwischen, so Johnston, sei auch die Suche nach Überlebenden eingestellt worden. Nun fokussiere man sich darauf, aufzuräumen und Überlebenden zu helfen.

Auch für Journalist*innen ist es schwer, an Infos im Land zu kommen, die Regierung will sie nicht vor Ort haben. Deshalb telefoniert die ARD-Korrespondentin mit Menschen in Myanmar und spricht mit deutschen und internationalen Hilfskräften vor Ort.

Doch auf die Menschen im Land wirke sich die nicht erlaubte Berichterstattung negativ aus, sagt Johnston. "Weil Bilder von der Katastrophe und der Zerstörung fehlen, ist auch die Spendenbereitschaft geringer als bei Naturkatastrophen in anderen Ländern", erklärt sie.

Hilfsgüter als Waffen

Und auch die Hilfskräfte, die nach Myanmar kommen, werden stark kontrolliert – nicht alle bekommen das notwendige Visum ausgestellt. "Sie erzählen mir, dass es wenig Feedback und Transparenz gibt", sagt Jennifer Johnston.

"Es gibt Vorwürfe der Vereinten Nationen, die sagen, dass das Militär die Lieferung von Hilfsgütern als Waffe benutzt."
Jennifer Johnston, ARD-Korrespondentin in Singapur

In Gebieten, in denen das Militär die Oberhand habe, können sich Hilfskräfte leichter bewegen und die Menschen bekommen Hilfe. Wo Rebellen die Oberhand haben, ist das nicht so.

Eimer und Kanister für die Trinkwasserversorgung, Decken und Planen für notdürftige Unterkünfte: Diese Dinge bringt beispielsweise das Deutsche Rote Kreuz (DRK) gerade ins Land. "Das sind alles aber Dinge, die weit davon entfernt sind, jetzt irgendwie ganze Häuser wieder aufzubauen", sagt Marc-André Souvignier vom DRK. "Das wird eine sehr viel größere Herausforderung sein, vor denen die Menschen dann in den nächsten Wochen und Monaten stehen."

Abgeschaltetes Internet erschwert Koordination von Hilfen

Der andauernde Bürgerkrieg im Land verschärft die Situation zusätzlich. Zwar ist eine Waffenruhe vereinbart, doch an die scheinen sich nur die Rebellen und nicht die Militärregierung zu halten. "Seit dem Erdbeben haben sie wohl mehr als 60 Luftangriffe geflogen, bei denen fast 70 Zivilisten ums Leben gekommen sind", sagt Johnston.

Die Militärregierung hat zudem das Internet im Land abgeschnitten, rund ein Drittel von Myanmar hat gerade keinen Zugang. "Das macht es für Hilfskräfte ganz schwierig zu erfahren, wo Hilfe gebraucht wird und auch, die entsprechenden Regionen zu erreichen", so die Journalistin.

"Das Internet ist seit dem Putsch abgeschaltet, damit die Menschen sich nicht absprechen können zu Widerstandsaktionen und damit sie nicht erfahren, was in anderen Teilen des Landes passiert", erklärt Johnston. Hilfskräfte und Unternehmen greifen deshalb auf Starlink von SpaceX zurück, Privatpersonen können sich das nicht leisten.

Oft wird auch mit künstlicher Intelligenz (KI) gearbeitet. "Zum Beispiel wurden mit KI Satelliten- und Drohnenbilder ausgewertet, um dann zu sehen, wo die Hilfskräfte hinmüssen", so die ARD-Korrespondentin.

Seuchenschutz muss jetzt schnell gehen

Hinzukommt: In den vergangenen Tagen hat es stark geregnet. Dadurch kommt es immer wieder zu Erdrutschen. Zudem ist es wahnsinnig heiß. Die Menschen sind Temperaturen von bis zu 40 Grad Celsius schutzlos ausgeliefert. Dadurch erhöht sich auch die Seuchengefahr.

Krankheiten wie Malaria, Cholera und Dengue-Fieber breiten sich aus – obwohl die Monsunzeit erst noch bevorsteht. Die Hilfsorganisationen stehen entsprechend unter Druck. Bis zum Beginn der Regenzeit im Juni müssen die Menschen in Notunterkünften untergebracht sein, damit sich die Krankheiten nicht massiv ausbreiten.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Myanmar-Erdbeben
Kaum Hilfe auch zwei Wochen danach
vom 11. April 2025
Moderation: 
Ilka Knigge
Gesprächspartnerin: 
Jennifer Johnston, ARD-Korrespondentin in Singapur
Gesprächspartner: 
Marc-André Souvignier, DRK