64 Prozent der in Deutschland lebenden Muslim*innen haben Diskriminierung erlebt, zeigt eine aktuelle Studie. Leider nimmt das Problem immer mehr zu, sagt Cihad Kefeli vom Integrationsrat in Bielefeld. Besonders häufig davon betroffen seien Frauen mit Kopftuch.

Die Muslimfeindlichkeit in der Europäischen Union ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Das zeigt eine aktuelle Studie der EU Agency for Fundament Rights (FRA), einer Agentur, die Grundrechte in Europa im Blick hat. Sie hat zwischen Oktober 2020 und 2021 knapp 10.000 Muslim*innen in 13 EU-Ländern befragt. Jede*r zweite gab an, rassistisch diskriminiert worden zu sein. Bei in Deutschland lebenden Muslim*innen lag die Quote bei über 64 Prozent, also höher als im EU-Durchschnitt.

Seit dem Terroranschlag der Hamas im Oktober 2023 und dem darauffolgenden Krieg im Gazastreifen haben antisemitische, aber auch antimuslimische Überfälle und Rassismen zugenommen, sagt Cihad Kefeli, ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender des Bündnisses islamischer Gemeinden in Bielefeld und im Integrationsrat der Stadt tätig. Der 25-Jährige beobachtet diese Entwicklung mit Sorge und sogar Angst.

"Wir Muslime haben dieses Land mit aufgebaut. Wenn wir nach mehreren Jahrzehnten immer noch nicht Akzeptanz finden, dann macht das schon große Sorge."
Cihad Kefeli, Vorsitzender des Bündnis Islamischer Gemeinden in Bielefeld

Cihad Kefeli selbst erlebt Rassismus eigentlich erst, wenn er seinen Namen nennt, erzählt er. Er ist blond und hat blaue Augen, entspreche also nicht dem Bild, das die meisten Menschen von "einem Muslim" haben, so Kefeli weiter. Insgesamt gilt seinen Erkenntnissen nach: Je vermeintlich augenscheinlicher eine Person dem Islam zugeordnet werden kann, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er oder sie Rassismus erlebt.

Kefeli: Frauen mit Kopftuch besonders betroffen

Und Cihad Kefeli betont: Vor allem Musliminnen, die ein Kopftuch tragen, die sich also auf den ersten Blick als Anhängerinnen des muslimischen Glaubens oder der Tradition zu erkennen geben, sind davon betroffen.

"Eine Frau mit Kopftuch wird augenscheinlicher als muslimisch gelesen und erlebt daher häufiger Rassismus."
Cihad Kefeli, Vorsitzender des Bündnisses Islamischer Gemeinden in Bielefeld

Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, fordert inzwischen eine "umfassende Strategie gegen religiöse Diskriminierung", worunter auch Muslimfeindlichkeit fällt. Laut Cihad Kefeli besteht die beste Strategie darin, Menschen zusammenbringen und Räume für echten Dialog zu schaffen.

"Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus ist ein Problem. Es ist wichtig, das anzuerkennen."
Cihad Kefeli, Vorsitzender des Bündnisses Islamischer Gemeinden in Bielefeld

Ein guter Raum für Begegnung ist laut Cihad Kefeli der Sport: Wenn Menschen im selben Fanlager oder im Sportteam aufeinanderträfen, sei das meistens eine Begegnung auf Augenhöhe. So entstehe Vertrauen. Genau davon brauchen wir mehr, sagt Cihad Kefeli. "Und dann", fügt er voller Optimismus und Überzeugung hinzu, "wird das alles schon."

Shownotes
Religiöse Diskriminierung
Muslimfeindlichkeit in Deutschland nimmt zu
vom 28. Oktober 2024
Moderation: 
Sebastian Sonntag
Gesprächspartner: 
Cihad Kefeli, Vorsitzender des Bündnisses Islamischer Gemeinden in Bielefeld
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