Aus der Masse der 600 Bergtouristen herauszustechen, die jährlich den Mount Everest besteigen, wird immer schwieriger. Die Suche nach Rekorden nimmt immer bizarrere Formen an. Mittlerweile geht es um den ersten Veganer, den jüngsten Gipfelstürmer oder um die erste Besteigung in der Unterhose.
In der 1963 von der Journalistin Elizabeth Hawley gegründeten Himalayan Database findet sich über 6.000 Expeditionen, über 450 Berge und die Himalaya-Geschichten von rund 60.000 Menschen - ihre Triumphe und Niederlagen. Ab November ist die Datenbank kostenlos zugänglich.
Hauptsache Erster
Immer mehr Menschen wenden sich an die Macher der Datenbank und fragen nach Nischen für einen Rekord. "Weil sie den Ruhm wollen oder wegen Sponsoren", so die Höhenbergsteigerin Billi Bierling, die seit 13 Jahren Informationen für die Datenbank sammelt. Die Menschen wollen beispielsweise der erste Veganer auf dem Berg sein, sagt sie: "Der erste Vegetarier, Glutenfreie oder Raucher und Nichtraucher - da werden wir nicht mehr fertig."
"Dann gab es vor ein paar Jahren den Holländer, der in der Unterhose auf den Everest wollte, der hat es nicht geschafft."
Billi erzählt von Müttern, die nachfragen, ob ihr Kind möglicherweise der jüngste Gipfelstürmer wäre. Manchmal kann sie nur mit dem Kopf schütteln und wünscht sich, dass die Leute einfach so auf den Everest gehen, was immer noch eine riesen Leistung ist - trotz Unterstützung der Sherpas, den Lastenträgern in der Everest-Region. Doch was heute vor allem zählt, ist, dass es außergewöhnlich ist:
"Der Everest ist nichts Besonderes mehr, also muss man gucken, dass man etwas Besonderes macht. Es ist ganz wichtig, der oder die Erste zu sein."
Nur einmal auf dem Gipfel gewesen zu sein, ist heute nicht mehr genug, sagt Billi. Sie bemängelt, dass es heute nur noch wenige richtige Bergsteiger gibt, die auf den Mount Everest gehen. "Reinhold Messner würde Bergtouristen sagen", sagt sie.
In der Himalayan Datenbank werden Informationen über jede Besteigung, jede Expedition im Himalaya gesammelt, auch wenn sie nur versucht und der Gipfel nicht erreicht wurde: In welcher Höhe und warum wurde die Besteigung abgebrochen? Welche Nationalitäten haben die Teilnehmer? Wer ist ohne Sauerstoff gelaufen? Welche Routen werden gegangen? Aber auch die vielen Todesfälle und die Gründe dafür werden festgehalten.
"Es ist ein Reichtum an Daten für Leute, die sich einfach nur für Statistiken interessieren, aber auch Expeditionen planen."
Billi und ihre Kollegen geben keine Garantie auf Vollständigkeit der Daten. "Uns rutscht da schon mal der ein oder andere durch", sagt sie. Sie geben zwar ihr Bestes, aber zum Beispiel werden die Chinesen, die von der tibetischen Seite aufsteigen, nicht erfasst.