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In Japan wird viel gearbeitet und wenig geschlafen. Das ist ungesund, wirkt sich negativ auf die Gesundheit und auch auf die Arbeit aus. Also gehen Firmen jetzt dazu über, ihre Mitarbeiter zu belohnen, wenn sie ausreichend schlafen. Wir haben uns gefragt: Bekommen wir ohne Belohnung eigentlich gar nichts mehr hin? Die Neurowissenschaftlerin Franca Parianen erklärt, das das interne Belohnungssystem im Gehirn viel besser ist als solche externen Anreize.

Die Agentur Crazy Wedding, ein junges japanisches Unternehmen, das Hochzeitsfeiern organisiert, hat eine Art Vorreiter-Rolle: Wenn Mitarbeiter lange schlafen, bekommen sie Bonuspunkte, zum Beispiel Gutscheine für die Kantine. Die Neurowissenschaftlerin Franca Parianen findet das Belohnungsmodell aus Japan sehr zweifelhaft. Sie sagt, dass es nicht vergleichbar ist, wenn ein Mensch wirklich schläft, weil er müde ist oder wenn sich jemand einfach nur sieben Stunden ins Bett legt – ohne wirklich zu schlafen – um anschließend einen Kantinengutschein dafür zu erhalten. "Dafür, dass Schlaf wirklich funktioniert und dass ich dann nachher auch erholt bin und es mir besser geht, brauche ich ganz viele Bedingungen", so Parianen.

Um gut zu schlafen müssen wir uns bewegen, Sonnenlicht ist hilfreich, weil es die Serotoninproduktion fördert und Serotonin wichtig ist, um Schlafhormone aufzubauen. Wenn all das nicht passiere, dann könne es schlimmstenfalls passieren, dass die Mitarbeiter auch noch ihre Freizeit aufgeben, um im Bett zu liegen – und über die Arbeit nachdenken.

"Unser Gehirn hat gute Möglichkeiten, uns zu belohnen, wenn es denn findet, dass es angebracht ist."
Franca Parianen, Neurowissenschaftlerin

Unser Belohnungssystem im Gehirn funktioniert ganz automatisch, wenn wir Dinge tun, die uns begeistern, wenn wir Neues lernen, wenn wir Dinge gerne tun, also zum Beispiel Zeit mit unseren Liebsten verbringen, Sex haben, etwas Leckeres essen. Der Unterschied sei jedoch, dass die eigenen Belohnungen angepasst werden. Vielleicht auch gesteigert werden.

Demgegenüber seien Belohnungen, die wir von außen bekommen, ziemlich unflexibel. "Die sind immer gleich groß", sagt die Neurowissenschaftlerin, "heißt, da gewöhnt sich das Gehirn schnell dran. Irgendwann merke ich gar nicht mehr, wenn ich eine Belohnung bekomme." Und besonders schlimm sei es, wenn wir es nur noch merken, dass wir keine Belohnung erhalten und anschließend deprimiert sind.

"Im allerbesten Fall erkennt mein Gehirn, dass das, was ich gerade mache, mir guttut. Und schüttet selber all diese wunderbaren Hormone aus, die uns die guten Gefühle machen."
Franca Parianen, Neurowissenschaftlerin

Die Neurowissenschaftlerin sagt, dass wir ein bisschen verlernt haben, wirklich auf das zu hören, was uns guttut. Zum Beispiel, wenn wir eigentlich keine Lust haben, ins Fitnessstudio zu gehen, uns dann doch hinschleppen und uns anschließend als Belohnung einen Burger gönnen. Das sei widersprüchlich. Schlauer sei es, wenn wir uns gleich einen Sport suchen, der uns Spaß macht – also für den uns unser Gehirn mit einem guten Gefühl belohnt.

Unser Gehirn sagt uns, was Spaß macht – die Belohnung folgt automatisch

Externe Belohnungen sind deswegen schwierig, weil sie uns konditionieren, erklärt Franca Parianen. Eine Studie mit Grundschulkindern zeigt das sehr deutlich. Die Kinder wurden in zwei Gruppen aufgeteilt und sollten malen. Der einen Gruppe wurde versprochen: Wenn ihr malt, bekommt ihr eine Belohnung. Der anderen Gruppe wurde nichts versprochen. Bei einer späteren Kontrolle stellten die Forscher fest, dass vor allem die Kinder nachmittags freiwillig malen, die nicht belohnt worden waren. Sie hatten einfach festgestellt, dass Malen Spaß macht.

Die Neurowissenschaftlerin Franca Parianen sagt, dass häufig falsche Anreize gesetzt würden. So, wie beim japanischen Unternehmen, das seine Mitarbeiter für Schlaf belohnt. Viel sinnvoller sei es, den Mitarbeitern einfach mehr Freizeit zu ermöglichen, dann werde sich die Erholung ganz von alleine einstellen.

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Shownotes
Motivation
Wenn Du ausreichend schläfst, gibt's zur Belohnung Kuchen!
vom 16. November 2018
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartnerin: 
Franca Parianen, Neurowissenschaftlerin