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Zu groß ist der Abstand zwischen neun und 49 Euro, zu groß die Hürde, um zu diesem Preis auf den ÖPNV umzusteigen, sagt der Zukunftsforscher Stefan Carsten, der sich kostenlosen Nahverkehr wünscht.

Die Politik spricht von einer Revolution. Zukunftsforscher Stefan Carsten sieht im 49-Euro-Ticket eher einen ersten Schritt. Ein "Evolutiönchen" nennt der selbstständige Zukunftsforscher und Stadtgeograf das Ticket, das als monatlich kündbares Abo ab nächstem Jahr (2023) deutschlandweit gelten soll. Denn wenn es nach ihm ginge, sollte das Ziel ein kostenloser ÖPNV sein: Der als inklusivste aller Varianten die größtmögliche Zahl an Menschen an der Mobilität teilhaben lässt.

Stefan Carsten sieht das 49-Euro-Ticket als Erleichterung für Pendler*innen an, die sowieso die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Jedoch nicht als Grund für einen Umstieg vom Privatfahrzeug auf die Öffis. Dafür müsste man sich preislich näher an den Vorgänger, das 9-Euro-Ticket, herantasten.

"Für die Pendler*innen ist es eine riesige preisliche Entlastung. Alle anderen fangen an zu kalkulieren und fragen sich: Lohnt sich das für mich überhaupt? Das ist das Gegenteil von dem, was wir bezwecken wollen."
Stefan Carsten, selbstständiger Zukunftsforscher und Stadtgeograf

Für Stefan Carsten hatte das 9-Euro-Ticket einen Symbolcharakter. Denn die meisten von uns hatten gar nicht erst darüber nachgedacht, ob sie es kaufen sollten oder nicht, sagt er, sondern sie hätten es gekauft und seien in die Busse und Bahnen eingestiegen. Beim 49-Euro-Ticket sei es aber für viele eine Abwägung, ob sich der Kauf überhaupt lohnt und rechnet.

Entgeltfreier ÖPNV: Sozial, inklusiv und nachhaltig

Eine Investition von rund drei Milliarden, die im Zuge der Einführung des 49-Euro-Tickets vom Bund und Ländern vorgenommen wird, hält er für einen geringen Preis für das, was wir im Gegenzug dazu bekommen. Er führt an, dass beispielsweise das Dienstwagen-Privileg in ähnlicher Höhe subventioniert wird. Und dass auch die Automobilbranche im Vergleich eine weit höher finanzielle Unterstützung durch den Staat erhält.

"Wir müssen vielleicht einmal ganz offen und ehrlich über einen entgeltfreien ÖPNV sprechen, der dann wirklich sozial und inklusiv ist und die nachhaltige Mobilität in Deutschland gewährleistet."
Stefan Carsten, Zukunftsforscher

Ein kostenloser ÖPNV, so wie es ihn beispielsweise in Luxemburg gibt, würde Bund und Länder rund 15 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Der Zukunftsforscher geht davon aus, dass viel mehr Menschen Busse und Bahnen nutzen würden, wenn sie nicht dafür zahlen müssten. Dafür müsste aber auch, im Vorhinein oder parallel, das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs deutlich verbessert werden:

Beispielsweise durch mehr Züge, mehr Waggons, einem größeren Angebot für den Transport von Fahrrädern sowie einer häufigeren Taktung von Bussen und Bahnen. Das wäre eine Investition in eine zukunftsfähige Mobilität in Deutschland, sagt Stefan Carsten.

Shownotes
Zukunftsforscher
"Für mich war das 9-Euro-Ticket ein Symbol für Mobilität"
vom 03. November 2022
Moderation: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Stefan Carsten, selbstständiger Zukunftsforscher und Stadtgeograf