Auch Vögel können andere Vögel hassen. Mithilfe von regelrechten Hassattacken scheuchen sie ihre Fressfeinde weg. Kommt ihnen ein Mensch zu nahe, kann auch dieser ihren Ärger spüren.
Wenn Vögel eine sogenannte Hassattacke gegen andere Vögel starten, dann machen sie das zum Schutz vor einem körperlich überlegenden Raubfeind. Es ist also immer klein gegen groß: Krähen gegen Bussarde, Sperlingsvögel gegen Eulen oder Drosseln gegen Kuckucke. Im Englischen nennen Fachleute dieses Verhalten auch Mobbing.
Krähen mobben Raben
In Nordamerika zum Beispiel haben Krähen Kolkraben durch Hassattacken aus manchen Städten und landwirtschaftlich geprägten Regionen so gut wie verjagt. Für die Krähen ist der Rabe eine Bedrohung, weil er die Eier aus den Nestern der Vögel frisst. Um diese vor dem Fressfeind zu beschützen, schließen sich die Krähen zu einer Gruppe zusammen und mobben den Raben weg. Alleine hätte eine Krähe nur eine ziemlich geringe Chance gegen einen Kolkraben, weil er bis zu dreimal größer und schwerer ist als sie, erklärt Biologe Mario Ludwig.
Nerven, bis der Gegner abzischt
Ähnlich wie die Krähen stürzen sich viele weitere Vogelarten mit Hassattacken auf Rivalen. Dafür ruft ein Vogel seine Artgenossen mit einem Alarmruf zusammen, der gleichzeitig auch vor dem Fressfeind warnt. Ist die Vogelschar mobilisiert, stoßen sie aus sicherer Entfernung zuerst Drohrufe aus und fliegen Scheinangriffe. Wenn ihre Raubfeind weiter unbeeindruckt bleibt, picken und zwicken ihn die Vögel mit ihrem Schnabel.
"Ziel des ganzen Unterfangens ist es, den Feind so zu verwirren und zu nerven, bis dieser freiwillig den Rückzug antritt."
Die Wacholderdrossel aber geht bei ihrer Hassattacke einen Schritt weiter. Statt ihren Fressfeind mit Scheinangriffen oder Picken zu verwirren, bombardieren die Elternvögel einen Raubvogel mit ihrem Kot sollte sich dieser dem Nest nähern. Ist der Fressfeind von dem Kot getroffen, bedeutet das für ihn den Rückzug, weil der Wacholderdrosselkot sein Gefieder verklebt und er Gefahr läuft, abzustürzen.
Mit Aggressivität Weibchen beeindrucken
Die Hassattacke soll den Gegner also abwehren. Gleichzeitig lernen Jungvögel durch sie auch, wer ihre Fressfeinde sind.
Manche männliche Vögel attackieren Rivalen aber auch, um ihre weiblichen Artgenossinnen zu beeindrucken. Zu diesem Ergebnis kamen Forschende aus der Schweiz und Brasilien nach einem Experiment, bei dem sie mehrere Vogelarten dabei beobachtet haben, wie sie auf die Attrappe von zwei Eulenarten reagiert haben.
Es zeigte sich: Die Vogelmännchen waren besonders dann angriffslustig, wenn Weibchen dabei zugesehen haben. Die Forschenden schließen daraus, dass ihnen die Aggressivität der Männchen zeige, wie gut sie einmal ihren Nachwuchs beschützen könnten.
Vögel, die Menschen "hassen"
Scheint der Nachwuchs in Gefahr, können Vögel auch Menschen gegenüber aggressiv werden – Krähen zum Beispiel. Sie fliegen Scheinangriffe auf Menschen, die ihrem Nest während der Brutzeit zu nahe kommen. Selten setzen sie dabei auch ihren Schnabel ein. Vielmehr erinnern sich Krähen auch später noch daran, welcher Mensch ihnen einmal absichtlich oder unabsichtlich gefährlich nahekam: Laut Forschenden der University of Washington können sich Krähen die Gesichter von Menschen in solchen Fällen merken.