Nach dem Kindesmissbrauchsskandal in Münster ist der Ruf nach besseren Ermittlungsmöglichkeiten wieder lauter geworden. Im Kampf gegen Kinderpornografie könnte auch die Vorratsdatenspeicherung helfen - ein strittiges Gesetz, über das seit Jahren diskutiert wird.
Der kürzlich aufgedeckte Kindesmissbrauchskandal in Münster macht die Ermittler fassungslos. Um der Polizei ihre Arbeit im Kampf gegen Kinderpornografie zu erleichtern, liegen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch. Bereits praktisch fertig und nur noch beschlossen werden muss das Gesetz gegen Hass und Hetze im Internet, sagt unser Reporter Andreas Noll. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht würde den Entwurf am liebsten schnell durch den Bundestag bringen. Wird es durchgewunken, dann müssen soziale Netzwerke Fälle von Kinderpornografie zukünftig an das Bundeskriminalamt melden.
"Neu wäre nach Verabschiedung des Gesetzes gegen Hass und Hetze im Netz: Soziale Netzwerke müssten Fälle von Kinderpornografie an das Bundeskriminalamt melden."
Außerdem würde das Gesetz die Möglichkeiten der Ermittlungsbehörden verbessern. Die Polizei darf dann zum Beispiel computergenerierte, künstlich erstellte Kinderpornografie einsetzen, um sich leichter Zugang zu Darknet-Portalen zu verschaffen.
Vorratsdatenspeicherung - eine lange Geschichte
Das Gesetz gegen Hass und Hetze im Internet ist aber nur ein Anknüpfungspunkt. Durch die Missbrauchsvorfälle erneut in der Diskussion ist die Vorratsdatenspeicherung – eine Debatte, die seit vielen Jahren geführt wird. Bereits 2007 wurde die Vorratsdatenspeicherung vom Bundestag beschlossen, 2010 dann aber vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gestoppt und für verfassungswidrig erklärt.
Im Jahr 2015 wagte der Bundestag dann einen neuen Anlauf, der nach Klagen wiederum gestoppt wurde. Seitdem liegt das Gesetz beim Europäischen Gerichtshof, der über die Zulässigkeit des Gesetzes noch entscheiden muss. Datenschützer kritisieren vor allem, dass das Gesetz die anlasslose Datenspeicherung von allen Bürger ermögliche. Da die Daten außerdem Auskunft über die Gewohnheiten und Verhaltensmuster von Menschen geben würden, sei das Missbrauchspotenzial enorm, kritisieren Datenschützer.
“Aktivisten haben immer wieder gezeigt, wie man mit Verbindungsdaten Gewohnheiten und Verhaltensmuster von Menschen erkennen kann. Dass es also Missbrauchspotenzial gibt."
Der derzeit ausgesetzte deutsche Gesetzentwurf sieht die Speicherung vor von:
- Standortdaten der Teilnehmer aller Mobiltelefonate bei Beginn des Telefonats bis für vier Wochen
- Standortdaten bei Beginn einer mobilen Internetnutzung für vier Wochen
- Rufnummern, Zeit und Dauer aller Telefonate für zehn Wochen
- Rufnummern, Sende- und Empfangszeit aller SMS-Nachrichten für zehn Wochen
- zugewiesenen IP-Adressen aller Internetnutzer, sowie Zeit und Dauer der Internetnutzung für zehn Wochen
Zur Kriminalitätsbekämpfung wollen Ermittler immer so viele Daten wie möglich haben. Und natürlich sind Fälle denkbar, bei denen durch die Vorratsdatenspeicherung Verbrechen aufgeklärt werden können, sagt Andreas Noll. Die Frage aber ist: Rechtfertigt diese Aussicht, dass man die Freiheit von allen dadurch ein Stück weit einschränkt? Die Gegner der Vorratsdatenspeicherung verneinen das deutlich.
Eine Alternative zur Vorratsdatenspeicherung könnte die Aufstockung des Personals bei der Polizei sein, sagen Kritiker des Gesetzes, so Andreas Noll. Der Fall in Münster ist womöglich auch dadurch bekannt geworden, weil der NRW-Innenminister genau diesen Fahndungsdruck erhöht habe, meint unser Reporter.