Seit Tagen gehen die Menschen in Myanmar auf die Straße und protestieren gegen den Putsch des Militärs. Das hat am 1. Februar den Ausnahmezustand verhängt; es hat Staatsrätin Aung San Suu Kyi sowie Staatspräsident Win Myint unter Hausarrest gestellt und droht mit einer Anklage wegen Hochverrat. Jella Fink lebt seit 2014 in Myanmar, in der größten Stadt Yangon. Sie arbeitet für den Verein Weltfriedensdienst.
Auch heute sind wieder viele Menschen auf den Straßen. Doch bislang sei es ruhig, sagt Jella Fink. "Es gab noch keine Ausschreitungen. Das ist beruhigend", sagt Jella Fink. Denn viele aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis sind unterwegs und beteiligen sich an den Protesten. Das Militär reagierte auch mit Gewalt gegen die Demonstrierenden.
Bei den Demonstrationen wird auch gesungen und es werden kreative Ideen eingesetzt. "Damit wollen die Menschen eine Eskalation vermeiden, auf beiden Seiten. Aber auch um zu motivieren", sagt Jella Fink.
Myanmar wird wieder komplett vom Militär beherrscht
Den Protestierenden gegenüber steht die Polizei – sie bildet die erste Linie noch vor dem Militär. Doch viele Polizisten hätten teils selbst Angehörige, die bei den Protesten dabei sind. Die Trennlinien verlaufen also nicht ganz eindeutig. Und auch auf Seiten der Polizei hätten sich in den vergangenen Jahren Einstellungen verändert, so Jella Fink. "Sie wollen nicht unbedingt gegen Demonstranten vorgehen."
Unter den Demonstrierenden ist nach dem Putsch klar, dass die Hoffnungen aus 2008 verloren sind. Damals hatte das Militär eine Konstitution erlassen, sie sollte Grundlage sein für eine Art "kontrollierter Demokratie".
Doch der Ansatz, dass man sich mit dem Militär irgendwie arrangieren könnte, ist nicht aufgegangen. "Und das eint", sagt Jella Fink. Auch wenn das Land sehr divers ist mit Blick auf ethnische Gruppen und auch Religionen.
"Die Bewegung ist diesmal breiter aufgestellt und weniger auf Einzelpersonen konzentriert."
Der Protest sei breit aufgestellt. Die Bewegung hängt nicht an einzelnen Personen, sagt Jella Fink. Das kann helfen, das Ziel eher umzusetzen: nämlich eine echte Demokratie.
Denn die Verfassung von 2008 ließ dem Militär viel Macht. 25 Prozent der Parlamentssitze sind dem Militär vorbehalten, ebenso zentrale Posten innerhalb der Ministerien. 2008 war kein echter Neustart. "Jetzt hat sich eben gezeigt, es hat nicht ausgereicht", sagt Jella Fink.
Das Militär kann jederzeit eingreifen
Doch wie es weitergeht, ist offen. Beunruhigt ist Jella Fink über Neuigkeiten aus den Gefängnissen im Land. Es sollen rund 23.000 Insassen begnadigt worden sein. Doch dazu zählen auch Personen, die für mehr Unruhe auf den Straßen sorgen könnten.
"Wenn die Gefängnisse geleert werden, dann ist das ein schlechtes Zeichen. Dann wird es den nächsten Crackdown geben."
Hinzu kommt die Befürchtung, dass in den Gefängnissen Platz geschaffen wird, weil das Militär durchgreift und gegen die Protestierenden vorgehen könnte. Dann könnten in den Gefängnissen Menschenrechtler und Menschenrechtlerinnen landen, Journalistinnen und Journalisten und alle anderen, die zurzeit demonstrieren.