Reels zu Mikrofeminismus sind zurzeit beliebt in den sozialen Medien: In kleinen Alltagsgesten drücken Frauen darin beispielsweise ihre Unterstützung für andere Frauen aus oder spiegeln sexistische Verhaltensweisen von Männern. Nicht um zu provozieren, sondern um Denkanstöße zu liefern.
Mit einem Tiktok-Reel, das viral gegangen ist, soll Ashley Chaney den Hashtag #microfeminism bekannt gemacht haben. Inzwischen teilen vor allem Frauen ihre eigenen Videos zu diesem Hashtag.
Als Mikrofeminismus gelten kleine, mitunter sehr subtile, Alltagsgesten: Frauen zuerst in der Anrede einer E-Mail zu nennen, als Frau Männer deutlich darauf hinzuweisen, wenn sie einem im Gespräch ins Wort fallen, Männern Türen aufzuhalten, bewusst nur das generische Femininum zu verwenden oder gezielt insbesondere Produkte von anderen Frauen zu unterstützen.
Die Möglichkeiten des Mikrofeminismus scheinen unerschöpflich.
"Auf ein 'Hey, ich war noch nicht fertig mit meinem Satz' reagieren Männer schon irritiert oder fühlen sich vor den Kopf gestoßen, aber es ist ein Teil von Alltags-Empowerment, sich als Frau Respekt und Raum einzufordern."
Jedoch werde Mikrofeminismus – vor allem, je subtiler er praktiziert werde – manchmal als passiv-aggressiv wahrgenommen, sagt Inken aus Hannover, mit der unsere Reporterin gesprochen hat. Dabei geht es Mikrofeministinnen in der Regel darum, Rollenbilder zu hinterfragen, Denkanstöße zu liefern und konstruktive Gespräche anzustoßen.
"Mir wurde auch schon Männerhass vorgeworfen, wenn ich mich Männern gegenüber genauso verhalte, wie sie sich verhalten oder wenn sie darauf hingewiesen werden. Das verdeutlicht ja nur, wie problematisch das ist."
Die Idee, die hinter dem Mikrofeminismus steckt, ist nicht neu. Und auch Forschung gibt es zu Teilaspekten, die dabei eine Rolle spielen. Beispielsweise ist bewiesen, dass Sprache eng mit unseren Rollenbildern verankert ist und zum Beispiel Auswirkungen auf die Berufswahl hat.
Mit kleinen Gesten Großes bewirken
Studien zu Mikrofeminismus im Speziellen gibt es bisher nicht, weil es dieser Begriff noch recht neu ist. Verschiedenen Expertinnen, mit denen unsere Reporterin gesprochen hat, haben ihr gegenüber aber geäußert, dass solche Trends helfen können, festgefahrene Rollenbilder neu zu denken und Strukturen infrage zu stellen.
So sieht beispielsweise die Sozialforscherin Bettina Kohlrausch Potenziale in diesen kleinen Veränderungen von Sprache und Verhalten. Allerdings ergänzt sie noch, dass sich mit mikrofeministischen Gesten nicht die großen Themen wie die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern abschaffen lasse.
"Ich finde wichtig, dass man sich nicht einzig und allein darauf konzentriert – wie das manchmal gesagt wird bei dem Trend –, Männer anzupissen. Weil wir ja alle auf unserer Seite haben und auch gemeinsam eine Veränderung schaffen möchten."