Als in den 90er Jahren zahllose Flüchtlinge aus den Balkanstaaten und Somalia nach Deutschland kamen, war die Stimmung bei weitem nicht so freundlich wie heute. Mit der Wiedervereinigung hatte Deutschland zu diesem Zeitpunkt genug eigene Probleme.
In der wirtschaftlichen Krise der 90er wurden Flüchtlinge als zusätzliche Belastung wahrgenommen. Der Politik waren sie lästig, denn es gab bereits genug Probleme damit, die Wiedervereinigung zu bewältigen und die damit einhergehenden Kosten. Entsprechend abweisend war die Sprache der Politiker. Von Ausländern war die Rede und von Fremden.
"Die Deutschen beschäftigen sich Anfang der 90er Jahre mit sich selbst und sind auf der Suche nach einer neuen Identität."
Auf dem Arbeitsmarkt wurden sie als Konkurrenten wahrgenommen, die der deutschen Bevölkerung die Arbeitsplätze und die Sozialleistungen wegnehmen. Diese Stimmen gibt es natürlich auch heute noch, wie unlängst von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zu vernehmen war. Aber sie sind längst nicht so präsent wie damals, sagt Migrationsforscher Jochen Oltmer.
Wirtschaftslage ist entscheidend
"Es gibt in Deutschland insgesamt sehr positive Zukunftserwartungen und die tragen dazu bei, dass viele Menschen sehr viel offener gegenüber der Welt und Migration sind als früher."
Dass die Hilfsbereitschaft in Deutschland aktuell so groß ist, macht der Migrationsforscher vor allem an der guten wirtschaftlichen Lage fest. Nicht alle, aber viele sähen Migration derzeit als Chance an. Bleibt die wirtschaftliche Lage stabil, könnte der Effekt anhalten. Wenn sie sich verschlechtert, könnte auch die Stimmung kippen. Dann ginge es wieder vermehrt um einen Verteilungskampf.