Seit der Festnahme des Drogenbosses El Chapo tobt ein blutiger Machtkampf um sein Erbe. Nun ist einer seiner möglichen Nachfolger in Mexiko-Stadt festgenommen worden, in seiner luxuriösen Residenz. Die Welt der Drogenkartelle ist aber eigentlich weniger das Glitzer-Ambiente der Drogenbosse - sondern vor allem die raue mexikanische Pampa. Regina Mennig war im Gebiet des mächtigen Sinaloa-Kartells unterwegs.
Über den Norden von Mexiko erstreckt sich wie ein riesiges Labyrinth der Canyon "Barranca de Cobre". Der Name bedeutet "Kupferschlucht", angelehnt an das Metall im Berggestein. Doch der wichtigste Geschäftszweig in der Region sind Drogen. Die Kupferschlucht ist das Territorium des Sinaloa-Kartells, und wer hier eintaucht, der begegnet den Narcos auf Schritt und Tritt.
Sie sitzen an Straßen-Checkpoints und fahren mit schweren Jeeps unüberhörbar durch die kleinen Dörfer: Oft hören sie laut aufgedreht Norteñas, eine Art mexikanische Polkamusik. "Das macht das Ganze schon ziemlich skurril. Gangsterautos mit verspiegelten Scheiben und ohne Nummernschild, aus denen Volksmusik dröhnt", sagt Reporterin Regina Mennig.
In den Tälern des Kupfercanyons betreiben die Narcos Cannabis- und Mohnplantagen und machen die Drogen fertig zum Transport. Der größte Markt liegt 500 Kilometer Luftlinie entfernt im Norden: die USA. "In einer Nacht war es im Dorf extrem unruhig", erzählt Regina Mennig. "Die ganze Zeit fuhren die Pick-ups, die Hunde bellten wie verrückt. Am Morgen hörte man dann Flugzeuglärm. Die Besitzerin meines Hostels meinte nur: Das war das Drogen-Flugzeug Richtung USA.“
"Die Narcos gehen im Kupfercanyon völlig offen ihrer Arbeit nach - so wie an anderen Orten die Bauern oder die Holzfäller."
Einige Bewohner der Region mischen im Geschäft mit den Drogen mit. Doch die meisten fürchten die Narcos, gehen ihnen aus dem Weg und halten sich an die ungeschriebenen Gesetze der Banden. In Sichtweite der Narcos wagt niemand, mit einem Handy zu telefonieren oder gar Fotos zu machen - damit könnte man sich verdächtig machen, Informationen weiterzugeben.
Auch wenn die Narcos durchs Dorf fahren und das Kommando geben, die Häuser nicht zu verlassen, halten sich alle daran: Oft bedeutet das, dass Kämpfe mit einem befeindeten Kartell bevorstehen.
Für die Jugendlichen sind es die coolen Jungs
Eltern in den Dörfern sagen, es sei eine riesige Herausforderung, ihre Kinder von den Narcos fernzuhalten. Vor allem für Jugendliche sind es die coolen Jungs, die unbegrenzt Geld und Drogen haben und mit den begehrtesten Mädchen zusammen sind.
"Ein 13-jähriger Junge schuldete den Narcos Geld. Deswegen haben sie ihn umgebracht, ihm den Kopf abgeschnitten und die Leiche auf der Hauptstraße liegen lassen."
Von der Brutalität der Narcos sind vor allem die Tarahumara betroffen, ein indigenes Volk im Norden Mexikos. Die Tarahumara siedeln oft in Familienclans in sehr abgelegenen Tälern - auf Land, das für die Narcos interessant ist als Anbaufläche oder als geheime Lager für ihre Waren. Deswegen haben die Narcos in den letzten Jahren immer mehr Tarahumara-Familien brutal von ihrem Land vertrieben. "Und diejenigen, die sich wehren, werden einfach umgebracht", berichtet Regina Mennig.