In Mexiko ist Gewalt gegen Frauen nach wie vor an der Tagesordnung, daher hat die Nominierung von gleich zwei Frauen für das Präsidentenamt vielen Menschen Hoffnung gegeben. Wird Claudia Sheinbaum als erste Frau an der Spitze die hohen Erwartungen erfüllen?
Mexiko gilt nach wie vor als eine Bastion des Machismo: An einem durchschnittlichen Tag gibt es hier zehn Femizide, also Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Besonders bedroht sind indigene und ärmere Frauen. Nach wie vor gibt es wenige Gesetze, die Frauen vor der Gewalt schützen. Aufgeklärt werden die Fälle so gut wie nie.
Nun bekommt Mexiko aller Wahrscheinlichkeit nach zum ersten Mal in seiner Geschichte eine Präsidentin. Die Hoffnung in der Bevölkerung auf Veränderung ist daher groß.
Bekannt und beliebt als Politikerin
Claudia Sheinbaum ist keine Unbekannte in Mexiko: Die 61-Jährige war seit 2018 Bürgermeisterin von Mexiko City und in der Bevölkerung sehr beliebt für ihre fortschrittliche Politik in Sachen Bildung, Soziales und Umwelt. Unter Claudia Sheinbaums Verwaltung ist auch die Mordrate in der Stadt von 17,9 Prozent pro 100.000 Einwohner bei ihrem Amtsantritt auf 8,6 Prozent im Jahr 2022 gesunken.
Sheinbaum ist als Kandidatin der linksgerichteten Regierungspartei MORENA angetreten. Laut den vorläufigen Wahlergebnissen kommt sie auf knapp 58 Prozent der Stimmen. Die Zweitplatzierte, die ebenfalls eher progressiv ausgerichtete Xóchitl Gálvez, erreichte immerhin knapp 30 Prozent.
Fokus auf sozialer Gerechtigkeit
Während des Wahlkampfs lag der Fokus von Sheinbaum zur Enttäuschung vieler Feminist*innen aber nicht auf dem Kampf um mehr Rechte für Frauen, sondern sie hat vor allem die Fortsetzung der Politik ihres Vorgängers, Andrés Manuel López Obrador, versprochen.
Der amtierende Präsident hat umfangreiche Sozialprogramme gestartet, um die soziale Ungleichheit im Land abzumildern. Die Ärmsten der Armen bekommen in Mexiko seither Transferleistungen. Kritiker von López' Politik bemängeln, dass das Programm nicht ausreichend und zu teuer sei und an der Chancenlosigkeit der Ärmsten nicht genug ändere.
Gescheiterte Sicherheitspolitik des Vorgängers
Was die Sicherheitspolitik angeht, ist López laut Christina Felschen aus der Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion weitgehend gescheitert: Noch immer haben die Kartelle in weiten Teilen des Landes die Kontrolle und üben täglich Gewalt aus – und Druck auf Politiker und Politikerinnen.
"Einige Politiker fühlen sich gezwungen, mit ihnen zu verhandeln, zu kooperieren, wenn sie nicht selbst ermordet werden wollen."
Tatsächlich gehört sehr viel Mut dazu, sich in Mexiko zur Wahl zu stellen: Allein während dieser Wahl, bei der rund 20.000 politische Posten – vor allem auf lokaler Ebene – neu vergeben wurden, sind 25 Kandidaten oder Kandidatinnen ermordet worden. Entsprechend waren 1.000 Soldaten zum Schutz der Wählerinnen und Wähler im Einsatz.
Gerade in den Dörfern und Kleinstädten wird sich in Zukunft entscheiden, ob die Kartelle auch künftig das Sagen haben. Ob Claudia Sheinbaums Politik am Einfluss der Kartelle und der Situation der Frauen etwas ändern kann, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.