Das Time Magazine hat die Frauen hinter #metoo zur Person of the Year gekürt. Dazu gehört die EU-Grünen-Politikerin Terry Reintke. Im Interview erklärt sie, wie die EU-Kommission die europaweite Erneuerung des Sexualstrafrechts voranbringen könnte.
Dass die Bewegung #metoo eine übergreifende Bezeichnung hat, ist Schauspielerin Alyssa Milano zu verdanken. Sie hatte den Begriff von Aktivistin Tarana Burke übernommen und im Oktober dazu aufgerufen, sich mithilfe des Hashtags online über Erfahrungen mit sexuellen Übergriffe auszutauschen.
Jetzt hat das Time Magazine die Frauen und Männer, die die #metoo-Bewegung ins Rollen brachten, zusammen zur "Person des Jahres" 2017 gekürt.
Schauspielerin Ashley Judd ist auf dem Cover des Time Magazine dabei. Sie hatte zusammen mit anderen Frauen wie Asia Argento und Rose McGowan öffentlich darüber berichtet, dass der Filmproduzent Harvey Weinstein sie sexuell belästigt hatte. Im Zuge dieser Geschichte haben sich viele andere Frauen über ihre negativen Erfahrungen mit dem Filmproduzenten geäußert. Im Zuge dieses Skandals ging es noch viel weiter: Frauen - und auch einige Männer - berichteten weltweit davon, dass und wie sie sexuelle Belästigung in ihrem Leben erfahren haben.
Terry Reintke berichtet über sexuellen Belästigung - vor dem EU-Parlament
Dazu gehört auch die deutsche Grünen-Politikerin Terry Reintke. Sie sitzt für die Partei im EU-Parlament und hat in einer einer persönlichen Rede im EU-Parlament von sexuellem Missbrauch berichtet. Nachdem sie in Duisburg mit Freunden ausgegangen sei, sei sie alleine nach Hause gegangen. In der Nähe des Hauptbahnhofs habe ihr plötzlich ein Mann zwischen die Beine gegriffen - von hinten.
Im Interview mit Deutschlandfunk Nova sagt sie, dass sie diese Geschichte so öffentlich im EU-Parlament erzählt habe, weil sie zeigen wollte, dass sexuelle Übergriffe ein strukturelles Problem sind. Damit sich das in Zukunft ändert, müsse auch die Politik etwas tun.
"Das ist etwas, was in allen Institutionen immer wieder passiert und eben auch hier im Europäischen Parlament. Und es ist sehr lange wenig bis gar nichts dagegen getan worden."
Die Politikerin hat eine Petition gestartet, die an den Präsidenten des Europäischen Parlaments gerichtet ist: Wir fordern, dass die EU-Kommission endlich eine Richtlinie gegen Gewalt gegen Frauen vorlegt, heißt es da.
Terry Reintke sagt im Interview, dass in Deutschland erst sehr spät definiert wurde - genau genommen dieses Jahr -, dass eine nicht konsensuelle sexuelle Handlung als Vergewaltung gilt. "Das war im deutschen Sexualstrafrecht bis dato nicht der Fall. Auch dass Angrapschen eine Straftat ist und nicht etwas, was man als Frau einfach so akzeptieren muss. Das sind wichtige gesetzliche Änderungen, die es in Deutschland erst sehr sehr spät gegeben habt." In einigen EU-Mitgliedstaaten gebe es solche Gesetze bis heute nicht. Da könnte die Kommission mit einer Richtlinie klar sagen, dass auch Gesetze weiter verschärft werden müssen, sagt Terry Reintke bei Deutschlandfunk Nova.
Die EU muss Kante zeigen
Sie hat darum den Hashtag #MeTooEu gestartet, um zu zeigen, dass die Europäische Union bei diesem Thema auch eine Verantwortung hat. "Die EU kann sich in diesen Diskussionen nicht einfach zurückziehen und sagen: Das müssen aber die Mitgliedstaaten machen."
- "Das EU-Parlament muss die Kultur des Schweigens brechen" | Der Hashtag #MeToo hat einiges ins Rollen gebracht. Auch in den obersten Politik-Etagen: im EU-Parlament in Brüssel.
- #MeToo - was sich ändern muss | Die Enthüllungen über die sexuellen Übergriffe von Hollywood-Produzent Harvey Weinstein haben Entsetzen ausgelöst.
- Portal gegen sexuelle Belästigung | In Kürze soll mit Allvoices.co ein Portal online gehen, das Opfern sexueller Übergriffe im Beruf eine Stimme geben will.