Auch wenn das TV-Duell zwischen Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU/CSU) inhaltlich eher schwach war: Die Auswertung von Mimik, Gestik und Rhetorik gibt eine Menge her.
Nach dem TV-Duell zwischen Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU/CSU) und Kanzler Olaf Scholz (SPD) gibt es für die Wählenden offenbar keinen klaren Gewinner. Laut einer ZDF-Umfrage unmittelbar nach dem Zusammentreffen sehen 37 Prozent der befragten Zuschauerinnen und Zuschauer Olaf Scholz als Gewinner des Duells. Für 34 Prozent ist es dagegen Friedrich Merz, der gewonnen hat. Und für 29 Prozent der Befragten war das Ergebnis unentschieden.
"Generell war das eine gesittete Talk-Situation, in der beide Kandidaten ihre Takes zu den aktuellen Themen platzieren konnten."
Wie haben die beiden Spitzenpolitiker mimisch und rhetorisch während der 90 Minuten performt? Rhetoriktrainerin Isabel García findet, dass Olaf Scholz für seine Verhältnisse in kurzer Zeit eine ganze Menge gelernt hat. Sie zählt auf:
- natürliches Lächeln
- aufrechte Haltung
- direkte Antworten
- respektvoller den Moderatorinnen gegenüber
- Kompliment für Merz
"Ich habe ihn [Scholz] noch nie rhetorisch so gut gesehen. Ich bin wirklich beeindruckt, wie er das sich so schnell antrainiert hat."
Zwischen den beiden Spitzenpolitikern sind aber in der Mimik deutliche Spannungen sichtbar gewesen, sagt Dirk Eilert.
Mimik offenbart Spannungen
Insbesondere, wenn sie sich Vorwürfe gemacht haben. Olaf Scholz und Friedrich Merz hätten sich gegenseitig offenbar nicht ernst genommen, sagt der Wirtschaftspsychologe und Experte für Mimik und Körpersprache. Einmal habe Olaf Scholz regelrecht die Augen verdreht.
"Da haben bei beiden immer wieder die Augen gelacht. Da haben beide süffisant gelächelt, immer wieder. Und das ist hier eine Mimik, die darauf hinweist, dass die beiden sich nicht wirklich ernst nehmen."
Olaf Scholz ist es mindestens einmal gelungen, Friedrich Merz' Mimik entgleisen zu lassen, so die Beobachtung von Dirk Eilert. Der Kanzlerkandidat der Union habe schnell und sehr deutlich sichtbar Luft holen müssen.
Keine Basis für Vertrauen
Diese Signale zeigen, dass zwischen den beiden keine wirkliche Vertrauensbasis da ist, sagt Dirk Eilert.
"Auch als Scholz zu ihm sagt: 'Wenn Sie jetzt Ihre Sprechblase losgeworden sind'. Da hat Merz wirklich im wahrsten Sinne des Wortes nach Luft geschnappt."
Die Körpersprache von Olaf Scholz zeige, dass er selbst nicht an seine Wiederwahl glaubt, findet Dirk Eilert.
"Scholz hat zwar nonverbal dynamischer gewirkt als für ihn üblich, aber meiner Analyse nach nicht souverän."
Die Körpersprache von Olaf Scholz habe in vielen Momenten darauf hingewiesen, dass er sehr unter Druck steht. Dirk Eilert führt auf:
- unruhiger Stand
- wiederholtes Lippenlecken
- hohe Blinzelrate
- untypisch viele Rhythmusgesten
In Summe habe Olaf Scholz eher gewirkt, als wäre er in einem Rechtfertigungsmodus und nicht der amtierende Kanzler, so Eilert.