Der FC St. Pauli geht auf Werbetour und bereist die Ostküste der USA. Dort will der Kiez-Club seine Fanbasis ausbauen. Macht es der (ehemals) antikapitalistische Fußballclub also mittlerweile genauso wie Bayern München und Co.?
Der FC St. Pauli fliegt nach New York, Buffalo, anschließend nach Toronto in Kanada. Das Team des neuen Trainer Jos Luhukay spielt bei seiner Reise unter anderem gegen New York Cosmos, den Ex-Verein von Pelé und Beckenbauer.
Es ist schon St. Paulis zweite Reise, 2018 ging es an die Westküste der USA – nach Baltimore, Detroit und Portland. Das Ziel der Reisen ist laut Hamburger Abendblatt, die Kontakte zu Sponsoren und Fanclubs zu verbessern. Es geht um Geschäfte, es geht um Geld.
Linkes Image und Marketing
Der FC St. Pauli hat es in den vergangenen Jahren immer ganz gut verstanden, den Spagat zwischen linksradikaler Attitüde und Marketing-Erwägungen hinzubekommen, sagt Philipp Köster vom Fußballmagazin "11 Freunde".
"Der FC St. Pauli weiß sich ganz gut zu vermarkten – auch sein Image als linksradikaler Club."
Die Fans sehen das kritisch, sagt Philipp Köster. Sie fragen sich, was denn eigentlich noch übrig bleibt, wenn der "linke FC St. Pauli" nur noch ein Image ist, das benutzt wird, um den Club gewinnbringend zu vermarkten.
Die Clubführung sage dazu: Wir wollen im Profifußball überleben. Es braucht uns als Alternative zu den großen Clubs. Wir gehen unseren eigenen Weg. Die Werbetouren scheinen Früchte zu tragen, die Zahl der Fanclubs in Amerika sei hoch, so Köster.
"Man staunt schon, wie viele St. Pauli-Fanclubs es in Amerika gebe, sagt Philipp Köster: von New York und Washington bis San Francisco."
Der FC St. Pauli ist einer der erfolgreichsten Clubs, was Marketingaktivitäten und Fanartikel-Verkäufe angeht, sagt Philipp Köster. Da sie weniger Fernseheinnahmen haben, als die Erstligisten müssen sie ihre Gelder anders akquirieren als Bayern München oder Dortmund. Fernseheinnahmen aus Übersee seien da sehr willkommen.
St. Pauli hat gute Kontakte zu US-Firmen. Neuer Hauptsponsor St. Paulis ist Jack Daniel’s. Schon 1997 bis 2000 hatte der amerikanische Tennessee-Whiskey-Hersteller in dieser Funktion mit dem Kiezclub zusammengearbeitet.
Kritik an "Under Armour"
Die Trikots des Clubs kommen seit 2016 vom US-Hersteller "Under Armour“. Seit Jahren steht die Firma in der Kritik vieler Pauli-Fans. Wie unter anderem die Hamburger Morgenpost berichtet, werfen sie dem Unternehmen vor, auch das US-Militär mit Kleidung auszustatten. In einer Online-Petition wurde außerdem kritisiert, Under Armour stelle Jagdkleidung her und fördere "umstrittene Jagdshows, in denen erlegte Tiere lediglich als Trophäen gefeiert werden.“ Dem Unternehmen wird dort außerdem eine Nähe zur National Rifle Association (NRA) nachgesagt.
Mittlerweile hat uns die Pressestelle von Under Armour kontaktiert. Sie streitet ab, dass das Unternehmen, ein Zulieferer des US-Militärs sei. Under Armour engagiere sich lediglich in sozialen Projekten, die Kriegsveteranen bei ihrer gesellschaftlichen Wiedereingliederung unterstütze und ehre mit einer eigenen Initiative “ Menschen, die im Sektor der öffentlichen Sicherheit oder des US-Militärs tätig sind“. Under Armour biete zwar Bekleidung für den Jagdsport an, trete aber nicht als Sponsor von Trophäenjagd auf. Die Nähe zur National Rifle Association (NRA) sei lediglich ein Gerücht.
Aus Sicht einer Fans des Vereins steht das Unternehmen Under Armour im krassen Gegensatz zum Image des Kiezclubs: politisch links, gegen Gewalt, für Toleranz. Im vergangenen Jahr haben 17.000 Menschen eine Petition unterschrieben, in der gefordert wird, der Verein solle sich einen anderen Ausstatter suchen. Der Club stand übrigens auch in der Kritik, weil er für Flüge ins Trainingslager die Billigfluglinie Ryanair benutzt hat. Damit werde Lohndumping unterstützt, so der Vorwurf.
Korrektur:
In einer früheren Version dieses Artikels war zu lesen, dass das Unternehmen Under Armour ursprünglich eine "reine Marke für Kampfsportbekleidung" gewesen sei. Nach Aussage des Unternehmens ist das nicht korrekt. Wir haben diese Passage aus dem Text entfernt. Außerdem haben wir eine Stellungnahme der Pressestelle des Unternehmens zu Vorwürfen einer Fan-Initiative des FC St. Pauli eingefügt.