Rechtspopulismus und Hassrede würden auf der Instant-Messaging-Plattform X durch Algorithmen gepusht und bevorzugt verbreitet, kritisiert die Publizistin und Grünen-Politikerin Marina Weisband. Für sie ein antidemokratischer Akt.
Es hagelte Kritik an der Instant-Messaging-Plattform X (vormals Twitter) seit deren Übernahme durch den Unternehmer Elon Musk. Wer seinen Status und die eigenen Aussagen legitimieren möchte, kann inzwischen Geld bezahlen, um einen blauen Haken hinter dem Accountnamen zu führen.
Populistische Inhalte werden durch Algorithmen verstärkt und auch gegen Bot-Netzwerke gehe Musk, der Inhaber der Plattform, nicht vor, kritisiert die Grünen-Politikerin Marina Weisband. Ähnlich kritisch blickt auch die EU auf die Plattform: Der EU-Kommissar Thierry Breton forderte kürzlich in einem offenen Brief, dass - unter anderem auf X - härter gegen Falschinformation und terroristische Inhalte durchgegriffen werden solle.
"Jetzt werden die Leute ermutigt, die dort sind, um zu hassen."
Viel Macht und Relevanz innerhalb des Journalismus und der Politik bescheinigt Marina Weisband der X-Plattform. Das begründet sie damit, dass diese ein Ort sei, an dem Politiker*innen ihre Pressemitteilungen veröffentlichten. Schwierig findet die Publizistin dabei, dass die Plattform kein öffentlicher Raum sei, monetäre Ziele und das Interesse verfolge, die Demokratie zu zerstören, so Weisband.
Weisband: X lieber verlassen, statt Gegenrede zu leisten
Gegenrede zu leisten und Kommentare zu melden, hält sie für aussichtslos. Dazu argumentiert sie: "Bei wem den melden? Verantwortlich für die Plattform ist Musk. Der macht die Regeln, der macht den Algorithmus zum Beispiel so, dass Links zu journalistischen Artikeln unterdrückt werden und die Stimmen von Rechtsextremen gepusht werden." Um dafür zu sorgen, dass die Plattform an Bedeutung verliere, empfiehlt sie eher, diese zu verlassen.
"Twitter ist kein öffentlicher Raum, sondern erfüllt bestimmte Interessen. Und diese Interessen sind nicht die einer demokratischen Gesellschaft."
Auch gestützt durch den Widerstand der EU hofft Marina Weisband auf ein baldiges Ende von X, zumindest in Europa. Eine Meldung von Business Insider, die einen Rückzug von X aus Europa angekündigt hatte, hatte Elon Musk bereits auf seine süffisante Art kommentiert und somit zwischen den Zeilen dementiert: "Yet another tedious fake news story from legacy media".
Die Wichtigkeit von öffentlichen Diskussionsräumen im Netz erkennen
Marina Weisband warnt eindrücklich davor, dass, so lange Politiker*innen und Journalist*innen auf X sind, "Elon Musk die Macht hat, sehr viel in unserer Gesellschaft zu zerstören". Ihr Wunsch ist es, dass die Gesellschaft aus dieser Entwicklung lernt, wie wichtig öffentliche Diskussionsräume in Netz seien. Öffentlich in dem Sinne, dass alle gleichermaßen Zugang haben, dass es in dem Sinne keinen Eigentümer gibt, und dass sie nicht gewinnorientiert sind.
"Man kann im privaten Wohnzimmer eines Milliardärs nicht gegen die Interessen des Milliardärs agieren."
Die neu entstandene Messaging-Plattform Mastodon sieht Marina Weisband als eine mögliche Alternative zu X. Bei Bluesky ist sie etwas skeptischer. Das begründet sie damit, dass es die gleichen "Grundlagenfehler" habe wie X. Es sei zentraler gesteuert und dadurch gleichermaßen vom Gutdünken Einzelner abhängig, sagt die Grünen-Politikerin Marina Weisband.