Nahid Taghavi wird 2020 im Iran festgenommen und ins Gefängnis gebracht. Ihre Tochter Mariam setzt sich seitdem für ihre und die Freilassung anderer politischer Häftlinge ein. Seit September 2022 hat die Situation im Land eine neue Dynamik bekommen, die sich auch auf Mariams Mutter auswirken kann.
"Am Anfang wussten wir gar nicht, was los war", sagt Mariam Claren. „Meine Mutter hat einfach keine Anrufe mehr beantwortet.“ Mariams Mutter Nahid sitzt zu diesem Zeitpunkt bereits im berüchtigten Evin-Gefängnis In Teheran – in Isolationshaft. In diesem Gefängnis werden vor allem politische Häftlinge inhaftiert. Immer wieder wird Nahid Taghavi verhört. Sie hatte sich als Studentin in den 70er-Jahren für Frauenrechte im Land eingesetzt und war 1982 nach Deutschland gekommen. Sie und auch ihre Tochter Mariam sind deutsche Staatsbürgerinnen.
"Meine Mutter wird freikommen."
In den 2000er-Jahren fängt Mariams Mutter an, den Iran wieder zu besuchen, teilweise bleibt sie mehrere Wochen oder Monate dort. Sie lebt schließlich in beiden Ländern. Als 2020 die Corona-Pandemie ausbricht, verschiebt Nahid ihre eigentlich geplante Rückreise nach Deutschland. Im Herbst will sie schließlich zurück. "Wir hatten schon nach Flugtickets geschaut für Ende Oktober", sagt Mariam. Dann wird Mariams Mutter am 16. Oktober 2020 festgenommen. „Mein Onkel ist am nächsten Tag mit einem Ersatzschlüssel in ihre Wohnung, da sah es aus wie auf einem Schlachtfeld.“
"Angst ist der schlechteste Ratgeber in unserer Situation."
Mariam macht den Fall ihrer Mutter so schnell wie möglich öffentlich und ruft den Hashtag #FreeNavid ins Leben. Schließlich erfährt sie auch, was ihrer Mutter eigentlich vorgeworfen wird: unter anderem Propaganda gegen den Staat. Deswegen wird Nahid Taghavi im August 2021 zu 10 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt. "Ich glaube nicht daran, dass meine Mutter so lange in Haft bleibt", sagt Mariam. Und tatsächlich ist in den vergangenen Monaten auch in Nahids Situation Bewegung gekommen. Ihr wurde im Sommer ein medizinischer Urlaub gewährt, sie hatte in der Haft unter anderem Diabetes entwickelt.
Als die Proteste nach dem Tod von Jina Mahsa Amini begannen, konnte Mariams Mutter dies außerhalb der Gefängnismauern miterleben. Doch als Deutschland Mitte November weitere Sanktionen gegen Iran ankündigt, muss Nahid Taghavis sofort wieder in Haft. Mittlerweile dürfen Mariam und ihre Mutter mehrmals die Woche miteinander telefonieren. "Dabei werden unsere Gespräche natürlich mitgeschnitten", sagt Mariam.
"Man muss lernen, dieses schreckliche Schicksal in seinen Alltag einzubetten."
Vor wenigen Tagen, im Dezember 2022, hat das iranische Regime zwei Männer hingerichtet, die während der Proteste festgenommen wurden. „Sie wollen die Menschen im Land abschrecken. Doch die wollen das Regime nicht mehr“, sagt Mariam. "Dabei habe ich Sorge, dass das Regime die stille Zeit nach den Feiertagen bei uns nutzt, wenn keiner hinguckt, um weitere Hinrichtungen durchzuführen. Deshalb müssen wir die Aufmerksamkeit hochhalten."
Im Deep Talk mit Sven Preger spricht Mariam Claren über die Inhaftierung ihrer Mutter, welche Rolle es spielt, dass Mariams Mutter deutsche Staatsbürgerin ist und was wir alle von hier aus tun können.
Wir freuen uns über eure Mails an mail@deutschlandfunknova.de