Die Verkehrsbetriebe Wiener Linien haben eine Kampagne gegen Manspreading gestartet und fordern Männer auf, sich in Bussen und Bahnen nicht breitbeinig hinzusetzen. Daraufhin startete eine Gegenkampagne: gegen Frauen, die ihre Tasche auf den Sitz packen. Die war allerdings weniger nett formuliert.
Bei bestimmten Themen im Netz, muss man eigentlich nur bis drei zählen - und schon eskaliert die Diskussion und es bilden sich zwei Lager, die einander unversöhnlich gegenüber stehen. Darunter fallen auch Genderthemen. Und genau so einen Genderdisput hat am 4. November 2019 eine Social Media Aktion der Wiener Linien ausgelöst. Darin fordern sie Männer auf, sich in Bussen und Bahnen nicht so breitzumachen: "Sei ein Ehrenmann und halt die Beine zam!" heißt es in der Kampagne gegen Manspreading. Auch wir bei Deutschlandfunk Nova haben diese Kampagne in unseren sozialen Netzwerken veröffentlicht und diskutieren lassen. Über 300 Kommentare sind darunter aufgelaufen - das Thema sorgt also ganz allgemein für Diskussionsstoff.
Die Manspreading-Kampagne der Wiener Öffis blieb im Netz natürlich nicht unbeantwortet. Auf der Plattform Reddit ist eine Art Gegen-Post aufgetaucht. Der zeigt eine Frau in der Bahn, die mit ihren Taschen mehrere Sitzplätze belegt. Dazu der Spruch "Owe mit da Toschen, sonst gibt's auf die Goschn!" - also runter mit der Tasche, sonst gibt es eins aufs Maul. Der Post wurde inzwischen von Reddit entfernt, weil er gegen die Community-Richtlinien verstößt.
Bevor der Post gelöscht wurde, hatten bei Reddit aber auch schon viele Nutzer die Gewaltandrohung in dem Text kritisiert. Aber die Darstellung an sich, die das Problem des "She-Bagging" thematisiert, findet trotzdem Zuspruch. Also grob zusammengefasst: Bild OK, Spruch daneben.
Was aber sowohl auf den Social Media Kanälen der Wiener Linien als auch unter unserem Facebook-Post erkennbar ist: Das Thema wird extrem emotional diskutiert. Viele Männer fühlen sich von der Kampagne mächtig auf den Schlips getreten. Nicht selten werden anatomische Gründe für das breitbeinige Sitzen angeführt.
Emotionalität ein Zeichen für Veränderung
Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin Martina Schulte sieht in der emotionalen Debatte ein Zeichen dafür, dass sich gerade Dinge einfach verändern. Über Jahrhunderte eingeschliffene Verhaltensmuster werden infrage gestellt und kritisiert. Männer haben in unserer Gesellschaft lange und selbstverständlich wichtigere Positionen eingenommen und dadurch selbstverständlich auch mehr öffentlichen Raum. Weil sich das gerade verändert, verändert sich auch das von der Gesellschaft akzeptierte Verhalten.
"Die Aufregung zeigt, dass sich über Jahrhunderte eingeschliffenen Verhaltensmuster gerade ändern."
Andererseits findet Martina Schulte aber auch: Sowohl die Manspreading- als auch die She-Bagging-Argumente gehen ein bisschen an der Sache vorbei. Denn am Ende geht es darum, wie wir in öffentlichen Verkehrsmitteln miteinander umgehen. Und beides ist nicht besonders rücksichtsvoll. Aber statt das zu thematisieren, wird daraus lieber ein Genderkrieg gemacht, sagt unsere Netzreporterin.