Unsere Luft ist zu schmutzig. Feinstaub und Co. sind Ursache für den Tod Tausender Menschen in Deutschland. Daher ist klar: Wir brauchen bessere Luft. Unternehmer Peter Sänger setzt auf Biotech-Filter mit Moos. Doch ist das wirklich die Lösung?
Luftverschmutzung ist extrem ungesund. Wie ungesund, dazu gibt es unterschiedliche Zahlen. Laut der Europäischen Umweltagentur sind 2021 in Deutschland 68.000 Menschen vorzeitig durch Feinstaub, weitere durch Stickstoffdioxid gestorben.
Deshalb gibt es von der EU vorgegebene Grenzwerte, die die Bundesregierung mit dem Nationalen Luftreinhalteprogramm einhalten will. Im Fokus steht hierbei allerdings nicht das Klima, also CO2-Emissionen, sondern es geht um Schadstoffe in der Luft, also Feinstaub, Ammoniak, Stickoxide und Schwefeloxide.
Luft reinigen oder gar nicht erst verschmutzen?
Da geht es um die Frage nach Geschwindigkeitsbegrenzungen, Filtern für die Industrie und natürlich Bezin- und vor allem Dieselmotoren. Peter Sänger versucht mit seinem Start-up noch eine andere Maßnahme zu etablieren: Er baut Feinstaubfilter mit eingebauten Moosen.
Auf die Idee ist der gelernte Gartenbauer über seinen Großvater gekommen. Der hatte im Bergbau gearbeitet und berichtet, dass Moose schon früher in den Stollen eingesetzt wurden, um Schwermetallbelastungen zu erkennen. Tatsächlich sind Moose seit Jahrhunderten für ihre positive Auswirkung auf die Luft bekannt, sagt Peter Sänger, der sich inzwischen sehr gut mit ihnen auskennt.
Moose sind wie kleine Staubsauger
Die Wirkung von Moos erklärt er so: Pflanzen nehmen das, was sie zum Stoffwechsel brauchen, normalerweise über ihre Wurzeln auf. Moos jedoch hat keine Wurzeln, sondern nimmt Wasser und Partikel an der geamten Oberfläche auf. Peter Sänger beschreibt die Moosoberfläche daher als kleinen Staubsauger. Und genau diese Staubsaugereigenschaft macht er sich zunutze.
"Moos filtriert die heiße, schadstoffbelastete Stadtluft."
Nun würde es nicht reichen, Moose einfach in der Stadt oder neben eine stark befahrene Straße zu hängen. Das ist zwar billiger, sagt Peter Sänger, und wurde auch schon probiert, hat aber keinen Effekt. Daher braucht es technischen Einsatz wie Sensoren, intelligente Bewässerung und Software, damit die Moosfilter wirken können.
"Man könnte über die Moosfilter streicheln oder sie wahrscheinlich ablecken, ohne dass irgendetwas passiert."
Bei dem meisten Feinstaub handelt es sich um mineralischen Staub, der von den Moosen super abgebaut werden kann, erklärt er. Wie mit den Schwermetallen umzugehen ist, die das Moos ebenfalls aufnimmt, daran arbeite sein Unternehmen noch.
Fest steht aber, so der Entwickler der Moosfilter, dass Moos alle Partikel – auch die für uns gesundheitsschädlichen – aufnimmt und verkapselt. Daher ist sich Peter Sänger sicher, dass Moos beim Thema Luftverschmutzung helfen kann, auch wenn es kein Allheilmittel gegen schlechte Luft ist.
Strengere Maßnahmen bringen etwas
Ann-Kathrin Büüsker, Deutschlandfunk-Korrespondentin im Hauptstadtstudio Berlin, berichtet viel über Umwelt- und Klimathemen. Sie bestätigt die filternde Fähigkeit von Moos. Allerdings, sagt sie, würde es tatsächlich nur ein bisschen helfen, die Luft besser zu machen. Denn Ziel kann nicht sein, die Luft zu verschmutzen und zu filtern. Das Ziel muss sein, sie gar nicht erst so zu verschmutzen.
"Also mit mehr Stadtgrün kann man schon etwas für die Luftqualität tun, aber wir müssen wirklich an die Ursache ran, also da, wo die Schadstoffe entstehen."
Dass Maßnahmen etwas bringen, ist unumstritten, sagt Ann-Kathrin Büüsker. Schließlich ist die Luft nach Einführung von Grenzwerten und Filtersystemen in der Industrie bereits um vieles besser geworden. Doch es braucht mehr, fordert die Journalistin. Dazu zählen noch strengere Grenzwerte für Autos, aber auch für die Industrie.
Sind Fahrverbote sinnvoll?
Auch lokale Fahrverbote oder Temporeduktionen sind denkbar, von denen hat die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina 2019 aber abgeraten, ordnet Annkathrin Brüsker ein. Die Begrünung: Fahrverbote verlagern das Problem nur woandershin.
Außerdem sei es schwierig, Lkw oder auch Handwerkerautos, die meistens mit Diesel fahren und die problematischen Stickoxide Schwefeloxide freisetzen, nicht in Städte zu lassen. Noch mehr auf E-Fahrzeuge zu setzen, ist aber durchaus denkbar. Denn elektrisch betriebene Fahrzeuge reduzieren die Schadstoffe in der Luft signifikant. Aber auch in der Landwirtschaft müsse zum Beispiel über die Rolle von Ammoniak als Düngemittel gesprochen werden.
"Wenn Diesel im Motor verbrannt wird, werden Schadstoffe freigesetzt. Und da müssen wir ran."
Auf Verbrennermotoren zu verzichten, das klingt für nicht ganz so wenige sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung als radikal. Auch aus Sicht der EU-Kommission scheint das für 2035 geplante Verbenneraus gar nicht mehr so eindeutig. Eine schöne Hightech-Mooswand fühlt im Gegensatz dazu vielleicht niederschwelliger und unkomplizierter an: Sie macht gute Luft und wir düsen trotzdem noch mit Diesel- oder Benzinauto dran vorbei.
Ann-Kathrin Büüsker hingegen plädiert dafür, Maßnahmen wie das Verbrenneraus nicht als radikal zu bezeichnen, weil es impliziert, dass es den Menschen infolgedessen schlechter gehen wird. Das sei aber nicht der Fall. Vielmehr sollte der positive Effekt in den Vordergrund gestellt werden: bessere Luft. Die braucht nicht nur das Klima, sondern jeder und jede Einzelne von uns.
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