Forscher haben herausgefunden: Je nach Herkunft lügen Menschen anders. Aber wie erkennen wir im Alltag und Beruf, ob wir angelogen werden? Gibt es Merkmale und Hinweise im Verhalten, die den Lügner entlarven? Wir haben einen Verhörexperten und eine Psychologin gefragt.
Europäer verwenden beim Lügen das Wort "ich" seltener. Bei den afrikanischen und asiatischen Testpersonen war es genau umgekehrt – das haben britische Forscher in einem Test herausgefunden. Doch unabhängig von der Herkunft, wie erkennen wir Lügner im Alltag und Beruf?
Die Antwort-Geschwindigkeit
Marco Löw war lange Zeit Verhörexperte bei der Polizei. Über 5000 Verhöre hat er durchgeführt und sich Techniken angeeignet, Lügner zu entlarven:
"Wenn ich Sie etwas frage und ich müsste davon ausgehen, dass Sie aufgrund Ihres Fachwissens diese Frage schnell beantworten können müssten und Sie aber auffällig lange brauchen, um zu überlegen, dann wäre das so eine Auffälligkeit."
Genauso auffällig wäre es aber auch, wenn die Antwort wahnsinnig schnell erfolgt, ohne, dass wir auch nur eine Sekunde lang über die Frage nachdenken.
Falsches Alibi
Um zu überprüfen, ob sich ein Verdächtiger in Absprache mit einer anderen Person ein falsches Alibi verschafft hat, helfen im Verhörraum präzise Detailfragen, so Löw: "Wenn die angegeben haben, die haben zwei Stunden lang Fußball geschaut: Wie war das Sofa beschaffen? Welche Farbe hat es gehabt? Wie hat der Fernseher ausgeschaut?"
Geringe Trefferquote
Aber wer will schon seinen Freund oder Freundin mit Detailfragen löchern, um herauszufinden, ob sie oder er am Abend zuvor wirklich noch so lange arbeiten, oder doch ganz woanders war? Eher nicht. Aber vielleicht sind wir ja schon intuitiv ganz gut darin, Lügen zu erkennen? Leider nein, sagt Jeanette Schmid, Sozialpsychologin an der Uni Frankfurt:
"Im Schnitt sind wir verflixt schlecht, das heißt: Wir sind nicht besser als der Zufall."
Tatsächlich zeigen Experimente: Die Trefferquote von Menschen, einen Lügner zu entlarven, liegt bei ungefähr 50 Prozent. Wir könnten also auch einfach eine Münze werfen.
Der Tonfall, die Plausibilität, Mimik, Gestik, Körperhaltung und vieles andere mehr können uns Hinweise darauf geben, dass eine Aussage eine Lüge sein könnte. Tatsächlich könnten wir auf viele verschiedene Merkmale gleichzeitig achten, aber: "Woher sollen wir wissen, welche dieser Merkmale jetzt entscheidend sind?", sagt Jeanette Schmid, Sozialpsychologin an der Uni Frankfurt.
Auch Profis machen kaum Fortschritte
Es gibt kein Merkmal, das typischerweise immer beim Lügen auftritt. Anders herum gibt es auch kein Merkmal, das eindeutig auf die Wahrhaftigkeit der Person schließen lässt. Deshalb, so Jeanette Schmid, können wir immer nur Tendenzen entdecken und mit Wahrscheinlichkeiten argumentieren. Das würde uns wenig dabei helfen, bei einer konkreten Person eindeutig festzustellen, ob sie nun gelogen hat oder nicht. Selbst wenn wir trainieren, auf einzelne Merkmale zu achten und sie zu erkennen, werden wir im Erkennen von Lügen nicht besser. Das haben Studien gezeigt.
"Ermittlungsbeamte, Zollbeamte, Richter, Psychiater, die wurden nicht besser."
Profis wie Polizisten, Zollbeamte oder Richter neigen dazu, ihre eigene Kompetenz im Lügenerkennen zu überschätzen. "Die einzige Studie, in der Leute tatsächlich besser waren als der Durchschnitt, deutlich messbar, waren Personen vom Secret Service - und keiner weiß, warum", so Jeanette Schmid.
Tipps für alle Lügner
Wer nicht beim Lügen auffliegen will, für den hat der ehemalige Polizist Marco Löw einen guten Tipp: Die Lüge in die Wahrheit einbetten. "Ich erzähle Ihnen zehn Geschichten aus meiner Polizeizeit, neun sind wahr und eine ist gelogen. Und wenn Sie die anderen schon überprüft haben und sich mehrere als wahr herausgestellt haben, dann gehen Sie davon aus, dass die zehnte auch wahr sein wird", sagt er.