Rund zwei Prozent aller Covid-19-Infizierten haben auch noch Wochen oder Monate später mit den Langzeitfolgen der Krankheit zu kämpfen. Und eines ist klar: Davon betroffen sind nicht nur alte Menschen oder Risikopatienten.
Sportstudentin Annika Söllinger, 27, war im März dieses Jahres so fit wie noch nie, denn sie trainierte auf einen Triathlon hin – dann infiziert sie sich mit dem neuartigen Corona-Virus und kam plötzlich kaum mehr die Treppe hoch. Auch ein halbes Jahr später fühlt sie sich oft erschöpft und hat Probleme beim Atmen, wie sie uns in einem Interview erzählt hat. Sie ist eine der Personen, die mit den Langzeitfolgen einer Corona-Infektion zu kämpfen hat. Diese Krankheit wird auch Long-Covid genannt.
Rund zwei Prozent aller Infizierten geht es so, wie deutsche Ärzte berichten. Sie sagen auch, dass von den Menschen, die auf einer Intensivstation lagen, sogar 80 Prozent von Long-Covid betroffen ist. Da es die Krankheit erst seit knapp einem Jahr gibt, wird es noch eine gewisse Zeit dauern, bis alle Langzeitfolgen erkannt und erforscht sein werden.
Erschöpfung und Atemwegsprobleme
Bisher ist bekannt, dass Menschen, die auf einer Intensivstation lagen, danach sehr häufig an Depressionen leiden. Vermutlich hängt das mit der künstlichen Beatmung zusammen, denn Menschen, die künstlich beatmet werden, haben danach häufig psychische Probleme. Hinzu kommt, dass Covid-19 Patienten im Durchschnitt länger auf einer Intensivstation liegen, als das sonst der Fall ist.
"Menschen, die auf der Intensivstation lagen, die leiden danach auch sehr häufig unter einer Depression. Das hängt wahrscheinlich mit der künstlichen Beatmung zusammen."
Außerdem sind zwei weitere Hauptprobleme bekannt: Erschöpfungserscheinungen und Atemwegsprobleme, die sich beispielsweise in Kurzatmigkeit oder lang anhaltendem Husten äußern, so wie es bei Annika Söllinger der Fall ist.
Leidensdauer unbekannt
Wie lange die Menschen darunter leiden, können die Forschenden aufgrund fehlender Langzeitdaten noch nicht sagen. Ein britisches Forschungsteam hat allerdings herausgefunden, dass einer von 45 Erkrankten zwölf Wochen und länger Probleme haben kann. Zudem haben sie analysiert, wer am häufigsten von den Langzeitfolgen betroffen ist: Ältere Menschen, Menschen mit Übergewicht und Vorerkrankungen und Frauen.
"Besonders gefährdet für Spätfolgen scheinen ältere Menschen zu sein, Menschen mit Übergewicht und Vorerkrankungen und auch Frauen."
Auch die Symptomanzahl kann einen Einfluss auf die Langzeitfolgen haben, sagt eine der Autorinnen der Studie. Menschen, die in der ersten Woche mehr als fünf Symptome gehabt haben, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, Langzeitfolgen auszubilden. Symptome können beispielsweise Fieber, Husten, Müdigkeit oder Geschmacksverlust sein.
Das haben die Forschenden mittels einer App, der Covid Symptom Study App, herausgefunden. Doch kann vermutet werden, dass sich hier nur die Personen eintragen, die von den Langzeitfolgen betroffen sind und ein Interesse daran haben, dass es dazu bald mehr Daten gibt. Es könnte sich also bisher um ein verfälschtes Ergebnis handeln. Die Studie ist außerdem noch nicht von Experten begutachtet worden.
Teilweise sehr langwierige Auswirkungen
Wie lange die Langzeitfolgen höchstens auftreten können, konnte bisher ebenfalls noch nicht erforscht werden. Es gibt allerdings Vermutungen. Die Thrombosierung, als kleine Blutgerinnsel, die sich bei manchen Betroffenen bilden, könnten auch später noch Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Auch die Vermehrung von Bindegewebsfasern in einem Organ, auch Fibrosierung genannt, könnte sich auf lange Sicht negativ auswirken.
Korrektur: In einer früheren Fassung des Textes war der Anteil der Infizierten, die an Langzeitfolgen der Infektion mit Covid-19 leiden, deutlich zu hoch angegeben. Dort hieß es: Fast ein Drittel aller Infizierten sei betroffen. Richtig ist: Rund zwei Prozent aller Covid-19-Infizierten haben auch noch Wochen oder Monate später mit den Langzeitfolgen der Krankheit zu kämpfen.