Ohne Job, einsam und keine Perspektive: Erst als die Hauptfigur Suzu im Roman "Oben Erde, unten Himmel" von Milena Michiko Flašar anfängt, als Reinigungskraft an Leichenfundorten zu arbeiten, schöpft sie dort neue Hoffnung.
Suzu ist 25 Jahre alt, lebt mit ihrem Hamster zusammen und hat einen Job als Aushilfskellnerin. Damit kommt sie gerade so über die Runden. Bis ihr Boss sie feuert, weil es ihr angeblich an Liebreiz und Charme fehle. Die Situation ist vertrackt. Suzu langt an einem Tiefpunkt an.
Suzus einziger private "Kontakt" zu anderen Menschen ist der, den sie zu ihren Nachbarn hat. Aber der beschränkt sich auf die Geräusche, die Suzu durch die Wand zur benachbarten Wohnung hört: den Fernseher, die Streitereien der alten Eheleute und die Klospülung und ein gelegentlicher Gruß im Vorbeigehen im Treppenhaus. Diese Begegnungen geht Suzu aber lieber aus dem Weg.
Was soll sie jetzt nur tun?
Suzu überlegt, dass ihr Geld noch zwei Monate ausreichen würde, wenn sie gar nichts mehr isst. Aber dann würde man ihr Gerippe und das ihres Hamsters Punsuke irgendwann in ihrer Wohnung auffinden...
"Na ja, und Punsuke, ihr Hamster, den gibt es noch. Aber der hat anscheinend keine Lust mehr auf Suzus Gesellschaft. Er zeigt sich nicht einmal dann, wenn sie ihm ein Stück Käse hinhält. Sie ist ein Niemand. Ein Freak."
"Kodokushi" nennt man das auf Japanisch. Der "einsame Tod" eines Menschen, dessen Leichnam lange – mitunter Jahre lang – unentdeckt bleibt. Aber so weit kommt es zum Glück erst gar nicht.
Die Wut befeuert Suzu
Der Job ist weg und beim Online-Dating klappt es auch nicht. Hat ihr Ex-Chef etwa recht? Fehlt es ihr wirklich an Liebreiz, Charme und Empathie? Während Suzu eine alte Chat-Nachricht liest, wird sie aber nicht etwa depremierter, sondern wütend. Und zwar so richtig wütend. Zum ersten Mal traut sie sich etwas zu denken, was sie noch nie zuvor gedacht hat: Fuck you, scheiß' drauf, mir doch egal!
Und das verändert ihre Perspektive, macht sie freier und unabhängiger. Es gibt ihr die Kraft, nicht aufzugeben, sondern einfach zu machen, vor allem weiterzumachen.
Leichenfundorte zu reinigen, bringt Suzu neue Hoffnung
Ihr Ex-Chef hatte gesagt, dass Suzu gut putzen könne. Und weil sie keine anderen Optionen hat und sich eins zum anderen fügt, fängt Suzu an, als Reinigungskraft an Leichenfundorten zu arbeiten. Während sie sich mit den "Kodokushi" – einsamen Toden – anderer Leute auseinandersetzt, gewinnt sie nach und nach wieder die Hoffnung, dass sich etwas ändern kann.
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Das Buch: "Oben Erde, unten Himmel" von Milena Michiko Flašar, Wagenbach, 300 Seiten, gebundene Ausgabe: 26 Euro, E-Book: 22,99 Euro; ET: 02.02.2023.
Die Autorin: Milena Michiko Flašar, vielfach ausgezeichnete japanisch-österreichische Schriftstellerin aus St. Pölten, lebt in Wien, wo sie Deutsch als Fremdsprache unterrichtete. "Oben Erde, unten Himmel" ist ihr fünfter Roman.