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Schon auf den ersten Seiten des Krimis "Mord auf der Insel Gokumon" von Seishi Yokomizo hält man die Luft an: Wenn die Fähre sich der Insel nähert, die so unheilvoll aus dem Meer aufragt, dass selbst Privatdetektiv Kindaichi lieber umdrehen würde.

Das ist sie also. Die Insel Gokumon. Kosuke Kindaichi hält die Luft an, als die Wolkendecke aufbricht und die Sonne ihr Licht auf ein steiles Gebirge mitten im Meer wirft. Es sieht aus, als würde es sich geradezu in den Himmel schieben.

Kindaichi weiß, dass Gokumons höchster Berg im Grunde nicht sehr hoch ist, aber die Schroffheit der Felsen, die dicht mit Kiefern bewachsenen Klippen und die Steilküste, die ein Anlegen der Fähre unmöglich macht, lassen die Insel bedrohlich und unbewohnbar erscheinen.

Niemals wird Kindaichi diesen ersten Blick auf die Insel durch das Fenster der Fähre "Weißer Drache" vergessen. Und niemals das Gefühl, das ihn unmittelbar in diesem Augenblick übermannt: Er will nicht hier sein. Nicht auf diesem Boot, nicht unterwegs zu diesem düsteren Ort, mit diesem Auftrag, der schwer auf ihm lastet.

Im Auftrag des toten Freunds

Es ist ein Tag im September des Jahres 1946. Der zweite Weltkrieg liegt erst ein Jahr zurück. Kindaichi hat ihn überlebt. Sein Freund Chimata nicht. Das Tragische ist, dass Chimata nicht bei den Kämpfen ums Leben kam, sondern an Bord eines Schiffes unterwegs nach Hause.

Immer wieder muss Kindaichi daran denken, wie Chimata ausgemergelt vor ihm liegt. Unter Deck. Von seinem Freund ist ihm nicht viel geblieben, außer einem Brief, den er auf Gokumon übergeben soll. Und immer wieder hat er Chimatas Stimme im Ohr, wie der mit letzter Kraft eine Bitte aus sich herauspresst: "Fahr nach Gokumon! … Rette meine Schwestern … meine Cousine …"

"Seishi Yokomizo, der zu Lebzeiten bestimmt an die 100 Kriminalromane geschrieben hat, beschreibt das alles mit einer so unheilvollen Vorahnung, dass es unmöglich ist, nicht einen trockenen Hals zu kriegen."
Lydia Herms, Deutschlandfunk-Nova-Literaturkritikerin

Gokumon ließe sich mit "Höllentor" übersetzen, steht da, also wenn man den Gerüchten glauben schenkt. Welche auch besagen, dass die Insel sowohl Zufluchtsort von Piraten, als auch Verbannungsort für Verbrecher gewesen sein soll.

Auf dem Weg dorthin sind neben Kindaichi irgendwann nur noch zwei Männer an Bord: der Priester Ryonen und der Gezeitenmeister Takezo. Und der Fährkapitän natürlich, aber der kriegt nicht viel mit.

Der Tod kommt auf die Insel

Das Gespräch zwischen Ryonen und Takezo plätschert vor sich hin. Erst als Kindaichi dem Priester einen Brief von Chimata aushändigt, weil er einer der drei Empfänger ist, kommt Leben in die Männer. Und kurze Zeit später auch in das einzige Dorf auf Gokumon.

Wobei… Das ist nicht ganz richtig. Es kommt auch der Tod ins Dorf. Doch Kindaichi wird bleiben und ist dem Rätsel auf der Spur. Denn er ist kein Geringerer als Japans bester Privatdetektiv.

Das Buch:
"Mord auf der Insel Gokumon" von Seishi Yokomizo, aus dem Japanischen übersetzt von Ursula Gräfe, erschienen bei Blumenbar (Aufbau Verlag), 330 Seiten, gebundene Ausgabe (Hardcover): 22 Euro, eBook: 12,99 Euro, ein Hörbuch gibt es auch, gelesen von Denis Moschitto; ET: 15.08.2023

Der Autor:
Seishi Yokomizo (1902-1981) ist einer der berühmtesten japanischen Krimi-Autoren. Allein seine Serie um Kosuke Kindaichi besteht aus 77 Büchern. "Die rätselhaften Honjin-Morde" ist der erste Band dieser Reihe, "Mord auf der Insel Gokumon" der zweite, er wurde 1971 verfasst und erscheint nun auf Deutsch.

Shownotes
Das perfekte Buch für den Moment...
...wenn du mal andere für dich denken lassen willst
vom 30. Juni 2024
Autorin: 
Lydia Herms