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"Mandel" von Won-pyung Sohn erzählt die Geschichte von Yunjae, der anders ist als andere Kinder. Seine Mutter bringt ihm bei zu lächeln, auch wenn Yunjae nicht fühlt, was es bedeutet. Seinen Weg in der südkoreanischen Gesellschaft findet er trotzdem.

Wie man Mandeln richtig isst - das hat Yunjae herausgefunden. Er hat seine ganz eigene Methode: Man darf sie nicht zu früh zerbeißen, aber auch nicht zu spät. Es ist sein tägliches Ritual. Das soll aber nicht heißen, dass sie Yunjae so gut schmecken. Er isst sie, weil seine Mutter sie ihm zu jeder Mahlzeit reicht. Und weil er ein Kind ist, tut er es. Außerdem weiß er, welche Hoffnung seine Mutter in diese Kerne setzt...

Was Yunjae schon früh gelingt, fällt seiner Mutter sehr schwer. Nur langsam kann sie akzeptieren, dass ihr Sohn so ist, wie er ist: nicht normal. Yunjae lächelt nicht. Auch wirkt er nie besonders gestresst, traurig oder interessiert an etwas. Und je älter er wird, desto mehr schwindet die Hoffnung seiner Mutter, dass ihr Junge jemals Emotionen zeigen kann.

Yunjae kennt keine Gefühle

Ihre Hoffnung flackert kurz wieder auf, als eine Schar von Ärzten die Ursache für Yunjaes starre Mimik finden. Sie nennen es: Alexithymie, die Unfähigkeit, Gefühle auszudrücken oder zu erkennen. Grund dafür sei vermutlich eine unterentwickelte Amygdala. Die besteht aus zwei kleinen Mandeln im Gehirn. Diese Mandeln reagieren auf äußere Reize und geben Signale an das Gehirn weiter. Das weiß dann, was zu tun ist: lachen, weinen oder vor einer Gefahr wegrennen.

"Von Yunjae und den Mandeln erzählt der Roman der koreanischen Schriftstellerin Won-pyung Sohn. Yunjae erinnert sich darin in allen Details, wie er als Kind die Mandelkerne isst, weil seine Mutter hofft, dadurch würden die Mandeln in seinem Gehirn doch noch ein wenig wachsen."
Lydia Herms, Deutschlandfunk-Nova-Rezensentin

Mein "bezauberndes kleines Monster", so wird Yunjae irgendwann von seiner Großmutter genannt. Daran muss er sich erst gewöhnen. Monster waren ihm bis dahin als wenig bezaubernde Geschöpfe bekannt. Aber seine Großmutter meint es liebevoll. Sie verteidigt ihn vor anderen Erwachsenen, auch vor seiner Mutter. Sie bestärkt ihn, an sich zu glauben. Sie verbietet ihm nichts.

Wird Yunjae sich niemals wehren?

Doch dann passiert das Unfassbare: Großmutter und Enkel werden durch einen schrecklichen Zufall voneinander getrennt. Und Yunjae reagiert wie immer: Als wäre nichts passiert.

Seine Mitschüler fanden ihn ja vorher schon komisch, aber jetzt meiden sie ihn, nennen ihn krank, beschimpfen ihn als Psycho. Allen voran: Gon, der Neue in der Klasse. Yunjae bleibt cool, lässt sich drangsalieren und schlagen, wehrt sich nur mit Worten. Das macht Gon noch aggressiver. Und er fordert Yunjae zum Duell heraus.

Das Buch:
"Mandel" von Won-pyung Sohn, aus dem Koreanischen von Sebastian Bring, erschienen bei Blumenbar (Aufbau Verlag), 224 Seiten, gebundene Ausgabe (Hardcover): 24 €, eBook: 16,99 €, ET: 15.10.2024

Shownotes
Das perfekte Buch für den Moment...
…wenn du aufgefordert wirst, doch mal zu lächeln
vom 09. Februar 2025
Autorin: 
Lydia Herms