Wenn Oma von früher erzählt, ist das "gelebte Geschichte". Nicht alles stimmt, aber bedeutet viel. Lea Streisands Roman "Im Sommer wieder Fahrrad" ist eine Liebeserklärung an die Geschichten ihrer Oma - und fast ganz wahr.
Leas Oma, genannt Mütterchen, stirbt am 22. Juni 2005 gegen 15 Uhr im Alter von 93 Jahren und einem Frühling. Sie hat zwei Weltkriege überlebt, sechs Staatsformen toleriert, 25 Liebhaber berührt, 197 Theater-Inszenierungen auf und vor der Bühne gestaltet - und mindestens ein Menschenleben gerettet. Das ihrer Enkelin Lea.
Zentrale aus Holz, Polstern, Stoff und geheimen Tischchen
Es ist erst ein paar Wochen her, dass ein freundlicher Oberarzt neben Lea Platz nahm und sagte, sie hätte sich von allen Scheißkrankheiten die beste ausgesucht. Was hätte Mütterchen jetzt gemacht? Sie hätte einen Schnippsgummi. Ihre Wohnung war voll damit, in jeder Schachtel, in jeder Größe, für nahezu jedes Problem. Vielleicht auch einen gegen Krebs. So im übertragenen Sinne.
Ob sie wirklich Deutschlands erste Dauercamperin war, lässt sich nicht zweifelsfrei belegen, auch nicht, was genau sie unter "Antinazi" verstand, wie sie sich oft bezeichnete. Früher meint, als Oma als Zwölfjährige das Rauchen anfing und auf den Namen Hilde hörte. Früher, als sie mit dem Künstlernamen Ellis Heiden von Bühne zu Bühne zog.
Wer Lust hat auf eine Liebeserklärung an das Leben, an Mütterchen und an das Schreiben, sollte unbedingt "Im Sommer wieder Fahrrad" von Lea Streisand lesen. Erschienen ist der Roman bei Ullstein.