Der Roman "Graue Bienen" von Andrej Kurkow spielt mitten im Krieg – und ist doch keine Kriegsgeschichte. Es ist die Geschichte eines Imkers, der im ukrainisch-russischen Grenzgebiet dem Summen seinen Bienen lauscht.
Im Jahr 2014 schickt Wladimir Putin Soldaten in den Osten der Ukraine. Ab diesem Zeitpunkt fallen dort immer wieder Schüsse. Drei Jahre später sind viele Orte verlassen – auch das Dorf von Sergejitsch und Paschka. Die beiden Männer sind die letzten Bewohner von Malaja Starogradowka.
Die Einsamkeit im Grenzgebiet
Offiziell mögen sie sich nicht, doch Sergejitsch nennt Paschka seinen "Feindfreund". In ihrer Kindheit haben sie sich geärgert und verachtet. Als Männer verachten sie sich nur, wenn sie sich ihrer freundschaftlichen Gefühle schämen.
Dann grüßen sie sich nicht, bellen sich gegenseitig an oder geizen mit Tee, Wodka, Honig oder Speck. Es könnte noch eine Weile so weitergehen. Mit der Einsamkeit können Sergejitsch und Paschka umgehen. Aber Sergejitsch erträgt die Sorge um seine Bienen nicht. Was wird aus ihnen, wenn er stirbt?
"Das Summen der Bienen ist das Geräusch, das Sergejitschs Leben bestimmt. Doch das Summen, das ihn jetzt umgibt, klingt anders. Nicht zart und leise, sondern bedrohlich und laut."
Während die Menschen sich gegenseitig zerstören, wendet sich der Bienenzüchter zunehmend von ihnen ab. Er interessiert sich für seine Bienen. Denn in ihrem Zusammenleben herrscht Ordnung, sie sind weise.
Für Lydia Herms geht es in "Graue Bienen" um das Leben und das Überleben. Es geht um selbstlosen Mut, um Teilen, um Vertrauen und Misstrauen, um Freundschaft und Liebe. Im Mittelpunkt stehen aber Sergejitschs Bienen: Wie sie überleben, selbst unter den widrigsten Bedingungen. Ohne sie hätte der Imker keine Hoffnung – weder für sich noch für die Menschheit.
"Der beeindruckende Roman "Graue Bienen" von Andrej Kurkow spielt mitten im Krieg, ohne jedoch diesen in den Mittelpunkt zu setzen."
Das Buch:
"Graue Bienen" (OT: "Serye pčëly", 2018) von Andrej Kurkow, aus dem Russischen von Johanna Marx und Sabine Grebing, Diogenes, 448 Seiten, Taschenbuch: 15 €, E-Book: 11,99 €, Hörbuch-Download: 17,95 €.