Roberta, die Protagonistin in Emma Braslavsky Roman "Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten", mischt sich in einer Bar in Berlin unter die Leute. Aus Berufsgründen. Aus Berufsgründen trinkt sie alkoholfreies Bier. Sie ist Ermittlerin. Aber eigentlich muss sie nie etwas trinken - oder andere menschliche Bedürfnisse erledigen.
Roberta Köhl, mit vollem Namen, ist ganz frisch im Polizeidienst. Frisch zusammengebaut ist sie in der Stadt unterwegs um zu lernen. Die Sonderermittlerin beobachtet die Menschen, um immer mehr zu werden wie sie. Denn Roberta ist eine Maschine, die zwar aussieht wie ein Mensch, aber sich noch nicht wie einer benimmt.
Menschmaschinen und Gefühle
Der Roman "Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten" von Emma Braslavsky wirft viele Fragen auf wie: Was wäre, wenn Maschinen Gefühle hätten? Gefühle, die nicht über programmierte Algorithmen gesteuert werden, sondern die aus vielen einzelnen Erfahrungen entstehen, durch Verknüpfungen und Begegnungen? Gefühle, die auf einem wachsenden Wissen basieren, das abgespeichert und immer wieder neu bewertet wird - so wie bei Kindern.
"Roberta wurde nicht gefragt, ob sie mit ihrer Existenz zufrieden ist. Sie wurde entwickelt, gebaut und programmiert, um einen Auftrag zu erfüllen."
Roberta kann:
- sekundenschnell Gesichter analysieren
- Daten auswerten
- Fakten kombinieren
- hart zuschlagen
- lange zügig rennen
- bei totaler Finsternis in den Nachtsichtmodus schalten
- stundenlang unter Wasser bleiben
Gebaut, um gefühlskalt zu ermitteln
Mindestens genauso viele Dinge kann sie nicht: lachen, weinen, trauern und so weiter. Letzteres wurde bewusst weggelassen, denn Roberta soll innerhalb kurzer Zeit Angehörige von Menschen ermitteln, die einen Suizid begangen haben. Es geht um Geld, genauer um die Bestattungskosten. Denn in den vergangenen Jahren ist die Selbstmordrate gestiegen – und das kostet Geld.
Zur Kosteneindämmung wurden Hubots wie Roberta entwickelt. Ihre Kollegen beim LKA meiden sie oder verhöhnen sie sogar. Lange hat das Roberta nichts ausgemacht, bis zu ihrem letzten Fall.
"Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten" von Emma Braslavsky, 2019 bei Suhrkamp erschienen, 269 Seiten.