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In "Die Ladenhüterin" von Sayaka Murata findet eine Außenseiterin als Aushilfe in einem 24-Stunden-Supermarkt ihre wahre Bestimmung. Und dann kommt ein Mann. Eine bitterernste Satire auf die japanische Gesellschaft.

"Willkommen!" "Kommt sofort!" "Bitte sehr!" "Vielen Dank!" Die Worte schallen durch den Konbini, einen kleinen Laden am Bahnhof, der rund um die Uhr geöffnet hat. Keiko Furukura arbeitet hier seit dem Tag, an dem er eröffnet wurde – seit ihrer Geburt, denkt sie manchmal. Seit ihrer Geburt als normaler Mensch.

Seitdem sind noch einmal achtzehn Jahre vergangen. Und bis auf Keiko hat sich alles verändert: Kolleg*innen kamen und gingen, genauso wie die Chefs. Der von jetzt ist der achte, und vielleicht der freundlichste. Wenn er den Morgenappell abhält und die drei wichtigsten Formeln durch den Laden brüllt, um sie von seinem kleinen Team wiederholen zu lassen, dann fühlt sich Keiko wohl.

"Von ihr, Keiko, erzählt der gleichzeitig lustige, traurige, bitterböse, herzliche und überhaupt ganz wunderbare Roman 'Die Ladenhüterin' von Sayaka Murata."
Lydia Herms, Deutschlandfunk-Nova-Buchrezensentin

Ihre Schicht fängt gerade erst an. Und bevor sich ihr Chef von der Nachtschicht abmeldet, gibt er ihr ein paar letzte Anweisungen. Heute sei ein guter Tag für Frankfurter Würstchen, Mango-Pudding und überhaupt: gekühlte Produkte. Die solle sie stets im Blick behalten und bei Bedarf auffüllen.

Alle denken: Eine Frau sollte nicht allein wohnen und an fünf Tagen in der Woche in einem Bahnhofsladen aushelfen, als wäre sie noch eine Studentin und nicht über 30. Und vor allem sollte sie nicht zufrieden damit sein. Stattdessen sollte sie verheiratet und Mutter sein. Und wenn schon nicht das, dann wenigstens erfolgreiche Angestellte im Kostüm und mit Affären. Dann würden zwar auch alle über sie tratschen, aber sie würden sie weniger bedauern.

Was "alle" denken

Eine "normale" Frau mit Problemen und Affären ist immer noch besser als eine "unnormale" Frau ohne. Und Keiko ist ja offensichtlich nicht normal. Schließlich war sie noch nie verliebt. Und Sex hatte sie auch noch keinen.

Aber dann passiert es! Keiko begegnet einem Mann, der eine Frau sucht. Dieser Mann, Shihara heißt er, ist ein unangenehmer Typ, er riecht nicht gut, weil er sich nicht so oft wäscht, er beschwert sich ständig, weiß aber alles besser, er möchte regelmäßig bedient und gleichzeitig in Ruhe gelassen werden.

Und: Er hat kein Geld, keine Wohnung, aber Schulden. Egal. Keiko sieht es pragmatisch: Niemand wird genauer hinsehen. Er ist ein Mann. Also nimmt sie ihn mit nach Hause. Wie eine zugelaufene Katze. Sie wird ihn füttern. Und ihn ihren Eltern vorstellen. Ende gut, alles gut. Aber dann verlangt Shihara etwas von ihr, das Keiko völlig aus der Bahn wirft. Sie soll im Konbini kündigen. Niemals.

Das Buch: "Die Ladenhüterin" von Sayaka Murata, aus dem Japanischen ins Deutsche übersetzt von Ursula Gräfe, erschienen bei Aufbau, 145 Seiten, Taschenbuch: 13 €, eBook: 8,99 €, ein Hörbuch, gelesen von Bettina Storm, gibt es auch

Die Autorin: Sayaka Murata wurde 1979 in der Präfektur Chiba, Japan, geboren. Für ihre literarische Arbeit erhielt sie bereits mehrere Auszeichnungen. Ihr Roman "Die Ladenhüterin" gewann 2016 mit dem Akutagawa-Preis den renommiertesten Literaturpreis Japans und war in mehr als einem Dutzend Ländern ein großer Erfolg. (Quelle: aufbau-verlage.de)

Shownotes
Das perfekte Buch für den Moment
…wenn du machst, was man von dir erwartet
vom 07. April 2024
Autorin: 
Lydia Herms, Deutschlandfunk-Nova-Buchrezensentin