"Blaupause" heißt das Romandebüt von Theresia Enzensberger. Darin erzählt sie von Luise Schilling, die Architektin werden will - doch keiner traut es ihr zu.
Es ist ein seltsamer Morgen. Wie viele der vergangenen Morgen, seitdem Luise mitten im Semester angefangen hat, am Bauhaus zu studieren. Sie fühlt sich angekommen und gleichzeitig verloren. Sie hat Freunde gefunden. Sie hat sich in Jakob verknallt. Und ihre Eltern schicken ihr monatlich Geld.
Ihr Traum ist es, einmal Häuser zu bauen. Es ist das Jahr 1921, und das Bauhaus, gegründet von Walter Gropius, ist noch keine zwei Jahre alt.
Kunst und Politik - Luise will mitreden
Luise gönnt sich einen weiteren Kaffee im Kiosk, bevor sie zum Unterricht geht. Am Nachbartisch unterhalten sich welche. Das lenkt sie vom Denken ab. Da geht es um Deutschnationale. Um Tumulte. Um das Verbot einer Versammlung in Weimar. Um Sozialdemokraten. Und um Linke. Sie versteht nur die Hälfte. Am Bauhaus angekommen, will sie mit ihren neuen Freunden darüber sprechen. Aber die wollen nicht, die wollen lieber über Kunst reden - nicht über Politik. Für Luise gehört beides zusammen. Aber sie schweigt
Keine Gleichberechtigung am Bauhaus
Was Luise ärgert: Wenn ihr einer der Bauhaus-Meister erklärt, Frauen könnten nicht dreidimensional denken und seien deshalb in der Webwerkstatt besser aufgehoben, als in der Holzwerkstatt. Das ist nicht richtig. Aber Luise wehrt sich nicht. Denn sie weiß noch nicht so genau, was richtig ist oder falsch.
Auch als ihr Vater ihr nach drei Jahren Studium erklärt, sie solle jetzt nach Hause kommen und an der Haushaltsschule anfangen, gehorcht sie. Doch in ihr regt sich Protest: Dafür hat sie nicht die Nächte durchgezeichnet, hunderte Bücher gewälzt! Sie will nicht länger schweigen und nicken. Also geht sie zurück ans Bauhaus, das inzwischen nach Dessau gezogen ist - um ihren Traum zu verwirklichen.
Theresia Enzensberger, geboren 1986, ist Journalistin und Autorin - und die Tochter von Schriftsteller und Publizist Hans Magnus Enzensberger. "Blaupause" ist ihr erster Roman, erschienen im Hanser Verlag 2017, 256 Seiten.