"Alles, was wir geben mussten" von Kazuo Ishiguro ist ein verstörender Roman über menschliche Klone in einem englischen Internat.
Kathy war nie einsamer als jetzt, mit 31. Stundenlang fährt sie mutterseelenallein kreuz und quer durch das Land, von Norfolk im Osten nach Dover im Süden, von Klinik zu Klinik. Kathy fährt dorthin, wo die Spender leben, die Menschen, denen sie Aufmerksamkeit und Hoffnung schenken soll.
So lange wie Kathy hat niemand diesen harten Job als Betreuer ausgehalten - weder ihre beste Freundin Ruth, noch ihre große Liebe Tommy. Beide hatten erleichtert reagiert, als sie nicht mehr betreuen mussten und endlich selbst zu Betreuten wurden. Jetzt sind sie nicht mehr da. Beide haben "abgeschlossen", so sagt man in Kathys Branche. Das heißt: Beide sind tot.
Eine besondere Aufgabe
Ruth und Tommy haben ihren Zweck erfüllt. Sie wurden geschaffen, um Leben zu retten. Sie waren menschliche Klone, denen nach und nach sämtliche Organe entnommen worden waren. Und wenn Kathy ihre Zeit als Betreuerin beendet hat, wird auch sie spenden....
"Vielleicht hätten sie den Plan für ihr Leben irgendwie ändern können. Man hat ihnen in Hailsham gesagt, was später ihre Aufgabe sein würde. Und sie haben es einfach akzeptiert: Sie sind Ersatzteillager."
Hailsham heißt der Ort, an dem alle Fäden der Geschichte zusammenlaufen. Haisham ist ein Internat und Zentrum des Romans "Alles, was wir geben mussten" von Kazuo Ishiguro, der 2017 den Literaturnobelpreis bekam.
Roman wurde 2010 verfilmt
Kathy blickt darin zurück auf die Zeit, in der sie 13 war und in Hailsham lebte. Scheinbar ist dort alles in Ordnung, doch nach und nach erfahren wir von den furchtbaren Dingen, die im wunderschönen Herrenhaus vor sich gehen. Menschen wachsen dort als Klone auf. Hilfe und Trost gibt es für Kathy keine. Der Roman erschien 2005 und wurde 2010 mit Carey Mulligan, Andrew Garfield und Ruth Keira Knightley in den Hauptrollen verfilmt.
Am 5. Oktober wurde der Nobelpreis für Literatur an den britischen Schriftsteller Kazuo Ishiguro verliehen. Zur Begründung hieß es, der 62-Jährige habe "in Romanen von starker emotionaler Wirkung den Abgrund unter unserer vermeintlichen Verbundenheit mit der Welt bloß gelegt". Unsere Reporterin Wiebke Lehnhoff über Kazuo Ishiguro und den Roman "Alles, was wir geben mussten":