Liebeskummer kann uns richtig hart treffen. Lisa ging es so. Sie ist nach der Trennung von ihrer ersten großen Liebe in ein Loch gefallen. Durch Liebeskummer können wir auch viel über uns selbst lernen und so unseren Weg raus aus dem Kummer finden.
Abi machen, die erste große Reise, viele erste Male – das verbindet Lisa mit einer Person: ihrem ersten Freund. Ihn hat sie sehr geliebt, sagt sie. Als sie 17 Jahre alt ist, kommt sie mit ihm zusammen. Über sechs Jahre sind sie ein Paar. Ihre Freund*innen, ihre Familie kennen Lisas Freund gut und mögen ihn.
Er ist ein wichtiger Teil ihres Lebens, eine Säule, die ihr Halt gibt – und plötzlich bricht diese Säule weg. In einem Gespräch mit Freund*innen wird Lisa klar, dass es ihr schon länger nicht mehr gut geht in ihrer Beziehung. Sie zieht einen Schlussstrich und trennt sich von ihrem Freund.
"Das war erst mal so, als wäre ein Riesenteil meines Lebens, eine richtige Säule, weggebrochen."
Mit der Trennung bricht für Lisa eine Welt zusammen. Damals war sie auch noch mitten im Uni-Stress und gerade für ein Praktikum nach München gezogen. Ihre Freund*innen, Mitbewohner*innen, ihre Familie – alle waren sie weit weg.
Ein großes, tiefes Loch
Lisa war alleine in einer neuen Stadt mit großem Liebeskummer. "Es war ganz schlimm. Ich kam erst mal gar nicht mehr auf mein Leben klar. Ich hatte so etwas vorher nicht, dass ich so einen krassen Schmerz hatte. Ich wusste erst mal nicht damit umzugehen." Es habe sich wirklich angefühlt, als ob sie in ein Loch fallen würde, erzählt sie.
"Ich habe mich sehr leer und auch sehr alleine gefühlt."
Während sie in München lebt, besuchen sie ihre Freund*innen und ihre Mutter. Allerdings hat sie dadurch kaum mehr Zeit für sich selbst: Unter der Woche nimmt sie das Praktikum ein, am Wochenende möchte sie für ihren Besuch da sein. "Ich kam mit meinem emotionalen Schmerz gar nicht hinterher", sagt sie. Die vielen Gefühle, den Schmerz, den Stress kompensiert sie mit Essen. Später kommen dann One Night Stands dazu, die Lisa als den Tiefpunkt ihres Liebeskummers beschreibt. Ihr geht es nicht gut und sie ist lost.
Wenn Kummer krank macht
Lisas Geschichte zeigt, was für ein emotionaler Ausnahmezustand Liebeskummer für uns sein kann. Liebeskummer ist sehr individuell und kann unterschiedlich lange anhalten. In seltenen Fällen kann er auch so intensiv werden, dass er ernste gesundheitliche Folgen für uns haben kann. Und dass er zum Auslöser für eine Reihe von anderen Symptomen wird: Angstzustände, sozialer Rückzug, Teilnahmslosigkeit, Gedächtnislücken, depressive Phasen. Fachleute sprechen dann vom Liebestrauma-Syndrom, kurz: LTS.
Das Liebestrauma-Syndrom (LTS)
Das LTS ist keine klinische Diagnose, es hat aber eine Verbindung zur Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Bei Menschen mit LTS ist der präfrontale Cortex weniger aktiv, erklärt Michael Nitsche. Er ist Professor am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund und hat an einer Studie zum Liebestrauma-Syndrom mitgearbeitet. Der präfrontale Cortex liegt direkt hinter der Stirn und nimmt besonders bei Depressionen oder Angsterkrankungen eine wichtige Rolle ein. Dadurch können Menschen mit LTS positive Emotionen nicht so empfinden wie üblich. Auch ihr Urteilsvermögen ist in Teilen eingeschränkt.
In der Wissenschaft wird danach geforscht, was beim LTS helfen kann. Ein Ansatz sind elektrische Impulse, mit denen die Aktivität des präfrontalen Cortex wieder hochreguliert werden soll – und das funktioniert auch ganz gut, sagt Michael Nitsche.
Liebeskummer ernst nehmen
Wichtig: Das LTS tritt selten auf. Liebeskummer sollte natürlich ernst genommen werden, nimmt aber eher selten eine derart intensive Form an. Was meistens hilft: Über den Liebeskummer reden – mit Freund*innen, einer vertrauten Person oder in einem geschützten Raum wie einer Beratung.
"Jede Liebesgeschichte ist unglaublich individuell und genauso individuell ist auch der jeweilige Liebeskummer, mit dem man zu tun hat."
Elena-Katharina Sohn ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und hat die Beratungsagentur "Die Liebeskümmerer" gegründet. Sie begleitet Menschen, die durch eine Trennung gehen. Der Prozess ist so individuell wie die Beziehung selbst, sagt sie. In ihrer Arbeit beobachtet sie allerdings, dass es ähnliche Phase gibt, durch die ihre Klient*innen gehen.
Die Phasen von Liebeskummer
Anfangs gehe es in den Gesprächen häufig viel um die Ex-Partnerin oder den Ex-Partner. Nach einer kurzen Zeit verändere sich die Perspektive dann allerdings oft und der Fokus liege auf den Klient*innen selbst. Dann geht es zum Beispiel darum, herauszufinden, warum sie in bestimmten Situationen bestimmte Gefühle empfinden – und vor allem, wie ihre Zukunft aussehen könnte.
Bei Menschen mit besonders starkem Liebeskummer nimmt Elena-Katharina Sohn häufig eine Parallele wahr: "Sie suchen sehr viel Lebensglück in Partnerschaft", sagt sie. Geht die Beziehung dann auseinander, hinterlasse die Trennung eine mitunter große Lücke. Die "Glücksquelle" sei dann weg. Dann gehe es darum, zu schauen: "Was für potenzielle Glücksquellen gibt es denn noch in meinem Leben? Wo und warum habe ich vielleicht lange Zeit nicht so genau hingeschaut? Viele Menschen haben gar keinen Zugang dazu, was sie noch glücklich machen könnte außer Partnerschaft", erklärt sie.
Heilung als Prozess
Lisa hat sich auch auf sich fokussiert und ist Stück für Stück wieder in Kontakt mit sich selbst gekommen. Die Heilung ist für sie ein Prozess, der anhält. "Stand jetzt bin ich auf jeden Fall wieder in der Lage, Menschen in mein Leben zu lassen", sagt sie.
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