Forschende haben ein weit entferntes Schwarzes Loch beobachtet, das "gefräßiger" zu sein scheint, als es die Astrophysik bisher für möglich hielt. Die gute Nachricht: Gefährlich werden kann uns "LID-568" zum Glück nicht.

Zack, alles ist weg. Wenn ihr was richtig Leckeres gekocht habt – kommt ihr euch dann auch manchmal vor wie ein Schwarzes Loch? Ein Loch, das alles verschlingt und quasi keine Grenzen kennt? Ähnliche Beobachtungen machen Forschende auch im Weltall. Konkret geht es um das Schwarze Loch "LID-568".

"Uns ist erfreulicherweise kein einziges Schwarzes Loch bekannt, das auch nur in der Nachbarschaft unseres Sonnensystems läge."
Michael Büker, Wissenschaftsjournalist und Astrophysiker "

Schwarze Löcher haben zwar den Ruf, unaufhaltsam alles einzusaugen, sagt der Wissenschaftsjournalist und Astrophysiker Michael Büker. Doch das stimme nur bedingt. In sicherem Abstand von einem Schwarzen Loch passiere einem nämlich gar nichts. Zudem sei der Menschheit bisher erfreulicherweise kein einziges Schwarzes Loch bekannt, das auch nur in der Nachbarschaft unseres Sonnensystems liegt. Uns droht also keine Gefahr.

Ein Blick in die ferne Vergangenheit vor 12 Milliarden Jahren

Außerdem geht es in der aktuellen Forschungsarbeit um eine Beobachtung aus der fernen Vergangenheit – um ein Schwarzes Loch, das vor etwa 12 Milliarden Jahren, also in der Frühzeit des Universums dieses beachtliche Wachstum gezeigt hat. Das Licht braucht sehr, sehr lange, um solch gigantische Distanzen zu überwinden – in der Astronomie ist ein Blick in weite Ferne deshalb zugleich auch immer ein Blick in die ferne Vergangenheit.

"Wir sehen dieses Schwarze Loch in einigen Milliarden Lichtjahren Entfernung in einem Zustand, den es vor einigen Milliarden Jahren hatte."
Michael Büker, Wissenschaftsjournalist und Astrophysiker

Untersucht wurde ein sogenanntes "supermassereiches Schwarzes Loch", das im Inneren einer Galaxie heranwächst, indem Gaswolken, kleinere Schwarze Löcher und manchmal vermutlich sogar ganze Sterne hineinstürzen. "Beim Sturz ins Schwarze Loch wird diese Materie aufgrund ihrer Geschwindigkeit durch Reibung besonders heiß und sendet intensive Strahlung aus", erklärt Michael Büker. Und genau diese kann man dann messen.

Anhand der Strahlung berechnen Forschende, wie viel Materie sich das Schwarze Loch wohl einverleibt. Und im Fall von "LID-568" lag der errechnete Wert eben weit über dem, was in der astrophysikalischen Theorie lange Zeit als das größtmögliche Wachstum angesehen wurde. Das sogenannte "Eddington-Limit" wurde um das 40-Fache überschritten – "LID-568 ist im Röntgenbereich beispiellos hell" so die Forschenden.

Unwahrscheinlich hell

Ein internationales Team von Astronominnen und Astronomen hat die Daten mehrerer Weltraumteleskope kombiniert, um aus einem sehr schwachen Signal aus großer Entfernung so viel Information wie möglich zu ziehen. Zunächst wurde das Schwarze Loch in Daten des Weltraumteleskops Chandra entdeckt, die vor einigen Jahren veröffentlicht wurden. Dann hat kürzlich das neue James-Webb-Weltraumteleskop – das so weit in die Vergangenheit blicken kann wie kein astronomisches Instrument zuvor – genauer hingeschaut und auch ein Bild der Galaxie geliefert, in die das Schwarze Loch eingebettet ist.

"Das neu gefundene Schwarze Loch deutet darauf hin, dass diese jungen Exemplare womöglich viel fleißiger gefuttert haben als bisher gedacht – und dass sie deshalb so gewachsen sein könnten."
Michael Büker, Wissenschaftsjournalist und Astrophysiker

Die Entdeckung liefert einen Hinweis darauf, wie die größten bekannten Schwarzen Löcher im Universum auf ihre heute stattliche Größe gewachsen sind. Forschende rätseln nämlich, ob sie aus mehreren kleinen Schwarzen Löchern entstanden sind, die ineinander gestürzt sind, oder ob sie als mittelgroße Schwarze Löcher anfingen, die sich nach und nach mehr Material einverleibt haben.

Das neu gefundene Schwarze Loch deutet darauf hin, dass diese jungen Exemplare womöglich viel fleißiger gefuttert haben als bisher gedacht – und dass sie deshalb so gewachsen sein könnten. Offenbar könnte nach dem Urknall alles viel schneller abgelaufen sein als bisher gedacht: die Entstehung der ersten Sterne, die Bildung der Galaxien, das Wachstum Schwarzer Löcher – das scheint vor einigen Jahrmilliarden viel flotter gegangen zu sein als zuvor angenommen.

Shownotes
"LID-568"
Uraltes schwarzes Loch hat Riesenappetit auf Materie
vom 10. November 2024
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Michael Büker, Wissenschaftsjournalist und Astrophysiker