Leistungssport und Schwangerschaft – anscheinend geht das nicht so gut zusammen, wie sich das einige Athletinnen wünschen würden. Tennisspielerin Tatjana Maria kritisiert den Umgang ihres Verbandes mit schwangeren Profis.
Nach den Regeln des Tennisverbandes WTA ist die Sache klar: Schwangere Spielerinnen werden wie verletzte Spielerinnen behandelt. Die Folge: Die Rückkehr ins Profigeschäft ist genau festgelegt. Sie fallen unter das Protected-Ranking - eine Schutzregel, die besagt: Spielerinnen dürfen nach langen Pausen bis zu zwölf Turniere absolvieren, ausgehend von ihrem durchschnittlichen Weltranglistenplatz drei Monate nach dem Ausfall. Sie müssen sich also nicht mehr neu für die Turniere qualifizieren.
Die Platzierung in der Weltrangliste ist entscheidend für die Zulassung bei Turnieren sowie den Turnierplan. Mit der Platzierung wird auch die sogenannte Setzliste aufgestellt. Sie legt fest, wann Spielerinnen gegeneinander antreten und garantiert, dass die aktuell Höchstplatzierten nicht schon zu Beginn eines Turniers aufeinandertreffen.
Laut den Regeln des Protected-Rankings dürfen die Turniere, auf die die Regel angewendet wird, frei gewählt werden. Zwischen Damen- und Herrentennis gibt es allerdings einen entscheidenden Unterschied: Tennisspielerinnen dürfen sich zwei der Grand-Slam-Turniere aussuchen – verletzte Herren, die auf den Court zurückkehren, können dagegen aus den vier großen Turniere aussuchen. Die Australian Open, French Open, Wimbledon und US Open sind die wichtigsten und am höchsten dotierten Turniere.
"Ich musste bei null anfangen. Ich hatte nach Charlottes Geburt gar kein Ranking mehr."
Tatjana Maria beklagt, dass sie nach der Geburt ihrer ersten Tochter in der Weltrangliste sehr weit abrutschte. Die Folge: Sie musste bei Turnieren mit vergleichsweise geringeren Preisgeldern antreten und habe keine Unterstützung durch die WTA bekommen. "Ich habe 10.000-Dollar-Turniere gespielt und keine Wildcard für ein 60.000- oder 25.000-Dollar-Turnier in Deutschland erhalten." Eine Wildcard vom jeweiligen Veranstalter garantiert eine freie Turnier-Teilnahme ohne hohe Platzierung. Tatjana Maria sagt, dass sie sich von ganz unten wieder nach oben arbeiten musste.
Jede Schwangerschaft verläuft anders
Ein weiteres Problem: Da jede Schwangerschaft anders verläuft, ist es für die WTA kaum möglich, einheitliche Regeln zur Rückkehr von Tennisspielerinnen zu formulieren. Beispielsweise hat Tatjana Maria bereits sechs Wochen nach der Schwangerschaft wieder mit dem Training begonnen. Damit kehrte sie früher als geplant zurück in ihren Beruf. Für die WTA bedeutete Marias frühe Rückkehr zum Sport, dass für sie das Protected-Ranking nur bei acht statt bei zwölf Turnieren gilt.
Im Interview mit der Sportschau sagt Maria daher, dass Spielerinnen enormen Druck verspüren und an ihrer Karriere festhalten. Die Folge: Die Familiengründung beginnt oft erst nach der aktiven Karriere.
Unser Reporter Nik Potthoff erklärt, dass sich der Konflikt nicht ausschließlich auf Tennis bezieht. Er verweist auf eine Studie des Südwestrundfunks aus dem Jahr 2021. Dort wurden mehr als 700 Spitzensportlerinnen aus Leichtathletik, Fußball, Kampfsport und weiteren Disziplinen befragt. Das Ergebnis: Nur jede zehnte sagte, dass sie sich von ihrem Verband unterstützt fühlt, ein Kind zu bekommen und am Sport teilnehmen zu können. Die Hälfte gab an, dass dies die sportliche Karriere enorm beeinflusst. Um die sportliche Karriere nicht zu gefährden, gaben zwölf Sportlerinnen an, sich für eine Abtreibung entschieden zu haben.
Generell fordern viele Sportlerinnen einen sensiblen Umgang mit Schwangerschaften. Und dass ein Unterschied gemacht sind, ob jemand verletzt ist oder schwanger.