In Doha, Katar, startet die Leichtathletik-WM. Sie wurde und wird viel kritisiert, zum Beispiel für die schlechten Arbeitsbedingungen, unter denen die Sportstätten entstanden sind.
In Doha, Katar, beginnt am 27.09.2019 die Leichtathletik-Weltmeisterschaft. 2000 Athleten aus 200 Ländern treten an - bei Temperaturen um die 40 Grad. Im Vorfeld gab es viel Kritik an der sogenannten "Wüsten-WM".
Dabei ging es zum einen um Korruptionsvorwürfe. Aber auch die Menschenrechtslage in Katar wird heftig kritisiert genauso wie die Arbeitsbedingungen. Auf den Baustellen arbeiten viele Gastarbeiter, die immer wieder davon berichten, dass ihre Pässe einbehalten und über Monate keine Löhne gezahlt werden.
Auch manche Athleten sind nur mäßig begeistert von der WM in Katar - nicht nur wegen der aktuellen Temperaturen, sondern auch, weil die WM normalerweise viel früher stattfindet und nicht erst im September. Athleten bereiten sich minutiös auf ein solches Großereignis vor, stellen ihre Trainings- und Wettkampfpläne über Jahre auf die Olympischen Spiele ein.
"Die Athletinnen und Athleten sehen das auch kritisch, weil das natürlich ihr vorolympisches Jahr und die ganze Vorbereitung auf eine gewisse Art zusammenstaucht."
Zu den Athletinnen, die öffentlich Kritik üben, gehört auch Malaika Mihambo, Weitspringerin und aussichtsreiche Kandidatin auf eine Goldmedaille bei der WM in Katar. Sie ist sich sicher, dass die Athletinnen und Athleten vor Ort zwar sehr gute Bedingungen vorfinden werden, was Unterbringung und Verpflegung angeht. Aber das sähe für die Gastarbeiter, die beim Stadionaufbau geholfen haben eben anders aus.
Sie kritisiert auch die intransparenten Vergabeprozesse im Vorfeld der Leichtathletik-Weltmeisterschaft, bei der die Athleten kein Mitspracherecht hätten. Malaika Mihambo wünscht sich aber genau das.
Ein weiterer Kritikpunkt: Um den Athleten perfekte Bedingungen zu bieten, sind die Stadien klimatisiert. Das kostet viel Energie.
"Letztendlich muss man sich aber entscheiden als Athlet, ob man seinen Wettkampf machen möchte oder ob man sich zu viel mit anderem außen rum beschäftigt."
Obwohl sie die Bedingungen kritisiert, nimmt die Weitspringerin an der WM in Katar teil: "Gut finde ich das trotzdem nicht", sagt sie.
Auch Speerwurf-Weltmeister Johannes Vetter übt Kritik. Er wünscht sich Funktionäre, die sich mehr um die Athletinnen und Athleten kümmern als ums Geld, sagte er gegenüber dem Sportinformationsdienst (SID).
Sportberichterstattung überlagert Kritik
Auch wenn viele Athletinnen und Athleten einen Gewissenskonflikt formulieren: Um bei der WM erfolgreich zu sein, müssen diese Gedanken ausgeblendet werden. Und wer im Vorfeld Kritik übt, muss in aller Regel auch mit einem größeren Medieninteresse rechnen. Auch das lenkt von der eigentlichen Aufgabe ab, nämlich möglichst erfolgreich in der eigenen Disziplin zu sein.
"Wenn man als Athletin oder Athlet kurz vor so einem Wettbewerb eine riesen Kritik los lässt, stürzen sich alle Medien auf einen, weil das natürlich auch Seltenheitswert hat."
Katar selber will die Leichtathletik-Weltmeisterschaft dazu nutzen, um das eigene Image zu verbessern. Und das könnte durchaus gelingen, denn im Fernsehen werden aufpolierte Stadien zu sehen sein, und Katar kann sich als guter Gastgeber für sportliche Events präsentieren.
"Oft ist es ja so: Wenn so ein Sportereignis anfängt, dann ist Sport auch Sport. Dann gucken alle da hin, und dann ist das ganze andere auch schnell vergessen."
Die Leichtathletik-WM ist auch nicht das einzige Sportgroßereignis, bei dem Katar die Gelegenheit nutzt, sich der Welt zu präsentieren. Bereits 2015 wurde dort die Handball-WM ausgetragen, 2016 die Straßenrad-WM oder 2018 die Touren-WM. Die Hoffnung, dass der weltweite Fokus auf das Land auch die Menschenrechtsbedingungen vor Ort verbessern würde, hat sich dabei bislang nicht bestätigt.