Thomas Matthalm ist einer der fünf Forscher, die im Juni 2014 die Riesendinghöhle erkunden, als einer von ihnen schwer am Kopf verletzt wird und mit der bisher aufwendigsten alpinen Rettungsaktion in der Geschichte aus der Höhle transportiert wird.
"Wir sind eigentlich davon ausgegangen, dass unser Freund Johann sterben wird. Zumindest in den ersten zwei, drei Tagen sah es ganz danach aus."
Johann Westhauser hängt bereits im Seil und ist parat für den Aufstieg in einen höheren Teil der Riesending-Schachthöhle. Seine beiden Kollegen sind hinter ihm, als er plötzlich von einem etwa tellergroßen Brocken am Kopf getroffen wird und bewusstlos wird. Es beginnt ein Rennen gegen die Zeit. Selbst ein Mensch, der seine volle Kraft zur Verfügung hat, braucht von der Unglücksstelle für den Aufstieg aus der Höhle mindestens zwölf Stunden. Hinzu kommt: Die Unglücksstelle liegt an einer Art Schuttfläche mit einer Neigung von etwa 30 Grad. Die Temperaturen liegen im Bereich von drei bis vier Grad.
"Auch wenn es wirklich schreckliche Ausmaße angenommen hat für uns – und für den Johann – der Notfallplan hat wirklich funktioniert."
Den Kollegen des Verunglückten kommt in dieser Extremsituation zugute, dass sie sich vorher schon lange Gedanken über einen eventuellen Rettungsplan gemacht haben. Jeder weiß, was zu tun ist. Thomas Matthalm bleibt beim Verletzten, hält ihn warm, versucht ihn immer wieder anzusprechen, um seine Hirnfunktionen in Gang zu halten. Nach etwa 6 Stunden ist Johann Westhauser jedoch nicht mehr ansprechbar. Ein anderer kümmert sich darum, Schlafsäcke und Essen von einer Biwak-Station zu besorgen. Zwei weitere Kollegen steigen aus der Höhle auf, um Hilfe zu holen. Bis ein Arzt an die Unglücksstelle gelangt, vergehen vier Tage.
"Grenzen sind von jedem, der an diesem Einsatz beteiligt war, überschritten worden."
Die Riesending-Schachthöhle ist 1996 entdeckt worden. Seit 2002 wird sie erforscht. Sie ist 1180 Meter tief und 19,2 Kilometer lang – so der Stand nach bisherigen Erforschungen. Schachthöhle bedeutet, zunächst einmal geht es einfach nur steil in die Tiefe. "Die ersten drei, vier Stunden ist man nur im Seil unterwegs.“ In etwa 400 Metern Tiefe beginnen dann die ersten Horizontalgänge. Die muss man sich allerdings eher vorstellen wie einen Klamm im Gebirge, durch die ein Bach rauscht. Weiter unten dann in 800 Meter Tiefe gibt es tatsächlich auch Gänge, in denen man sich trockenen Fußes bewegen kann.
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