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Lucy fällt auf, dass sie sich ihr Leben anders vorstellt als ihre Freundinnen. Damit fühlt sie sich alleine. Warum ist uns die Anerkennung anderer wichtig? Und wie finden wir heraus, was wir wirklich wollen? Das erklären ein Soziologe und eine Sozialpsychologin.

Mit dem Partner zusammenziehen, heiraten, Kinder kriegen – das sind die Pläne von Lucys Freundinnen. Als sie das erzählen, merkt Lucy, dass ihr Lebensentwurf in eine ganz andere Richtung geht. Anders als ihre Freundinnen ist sie Single und will etwas erleben. Sie will in Bars unterwegs sein, auf Konzerte gehen oder sich bei kreativen Aktivitäten wie dem Töpfern ausprobieren.

"Irgendwie wachse ich gerade ein bisschen hier raus."
Lucy (25) hatte andere Lebenspläne als ihre Freundinnen

Es häufen sich die Momente, in denen Lucy auffällt: Sie verbringt gerne Zeit mit ihren Freundinnen, aber sie vermisst Abwechslung bei den Treffen. Ihre Freundinnen verabredenden sich zum Beispiel gerne dafür, sich gemeinsam Reality-TV-Shows anzuschauen. Lucy würde hingegen viel lieber etwas Aktives unternehmen. Die gemeinsamen Abende vor dem Fernseher machen ihr keinen Spaß mehr, erzählt sie.

Als sie dann an der Castingshow "The Voice of Germany" teilnimmt, wird ihr noch deutlicher bewusst, dass sie und ihre Freundinnen sich auseinandergelebt haben. Mit der Castingshow wurde ihr eine neue Welt eröffnet, sagt Lucy. Sie fühlte sich selbstbewusster und traute sich mehr, ihren Weg zu gehen. Sie stellt fest: Die Welt ihrer Freundinnen, in der es ums Zusammenziehen, Heiraten und Kinderkriegen geht, ist nicht mehr ihre Welt.

"Ich mache das nur für sie, weil ich mit ihnen Zeit verbringen möchte. Aber was wir da machen, das macht mir eigentlich gar keinen Spaß."
Lucy (25) teilt nicht mehr die Interessen ihrer Freundinnen

Lucy fühlt sich mit ihrer Erkenntnis ziemlich alleine in ihrem Freundinnenkreis. Den anderen geht es irgendwie nicht so wie ihr. Vor allem scheinen sich ihre Freundinnen nicht so sehr dafür zu interessieren, was Lucy in der Castingshow erlebt und wie sie sich dadurch auch persönlich weiterentwickelt, sagt sie.

Menschen suchen Anerkennung

Die Erfahrung, die Lucy gemacht hat, kann schmerzhafte sein. Denn: Wir wollen von anderen in gewisser Weise anerkannt werden, sagt Soziologe Paul Eisewicht von der Uni Münster. Schon als Kinder verinnerlichen wir, welche Anforderungen die Gesellschaft an uns hat und wie wir uns zu verhalten haben, damit wir von den anderen anerkannt werden.

Früher, als klassische Rollenbilder und ein traditioneller Lebensweg stärker verbreitet waren, konnten sich die Menschen daran orientieren, um von anderen anerkannt zu werden. Einen Job zu haben oder Heiraten – das hat für gesellschaftliche Anerkennung gesorgt. Heute haben wir dagegen mehr Auswahl und können freier entscheiden, wie wir unser Leben gestalten möchten. Darum orientieren wir uns heute stärker an unseren Freund*innen, so der Soziologe.

"Die Spiegelung durch die anderen Menschen, die bestimmt auch unser Verhalten. Wir orientieren uns schon daran, weil wir anerkannt werden wollen."
Paul Eisewicht, Soziologe, Universität Münster

Was möchte ich wirklich?

Wir möchten, dass sie unser Leben, unsere Entscheidungen verstehen. Weil wir uns an ihnen orientieren, kann das auch dazu führen, dass wir uns mit ihnen vergleichen. Damit kann wiederum ein Leidensdruck einhergehen: wenn wir uns zum Beispiel mit Freund*innen vergleichen und sie etwas erreicht haben, was wir uns auch wünschen, aber nicht haben.

Hier kann es helfen, auch mal innezuhalten und sich bestimmte Fragen zu stellen, erklärt Katja Corcoran, Professorin für Sozialpsychologie an der Uni Graz. Die Fragen könnten sein:

  • Was sind wirklich meine Wünsche?
  • Wo will ich hin?
  • Warum will ich dahin?

Sollten wir feststellen, dass wir bestimmte Erfahrungen nur machen wollen, weil andere sie auch machen, oder weil wir denken, das würde von uns erwartet, dann lohnt es sich, die Erfahrung zu hinterfragen – und dieses Ziel gegebenenfalls zu streichen, so die Sozialpsychologin.

"Gerade in diesen Grundwerten und Ansicht suchen wir eher Beziehungen und Freunde mit Menschen, die uns ähnlich sind."
Katja Corcoran, Professorin für Sozialpsychologie, Universität Graz

Ähnlich können wir auch unseren Freundeskreis hinterfragen und anpassen. Wenn sich die anderen in eine Richtung entwickeln, in die wir nicht gehen wollen und wir uns dadurch alleine fühlen, können wir darüber nachdenken, unseren Freundeskreis verändern.

Das hat Lucy tatsächlich gemacht. Sie hat eine Gruppe von Musiker*innen gefunden, mit denen sie sich angefreundet hat. Mit ihnen trifft sie sich abends in ihrer Stammbar, besucht Musicals oder geht Eislaufen. Genau das hat sie sich gewünscht, sagt Lucy.

Im Gespräch mit Host Shalin Rogall erklärt Sozialpsychologin Katja Corcoran noch mehr darüber, wie wir herausfinden können, welche Erwartungen wir von anderen übernommen haben und was wirklich unsere Interessen sind. Klickt dafür oben auf den Play-Button.

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Shownotes
Hobbys, Interessen, Zukunftspläne
Wenn wir uns ein anderes Leben wünschen als unsere Freunde
vom 21. März 2025
Gesprächspartnerin: 
Lucy, Sängerin und Tiermedizinische Fachangestellte 
Gesprächspartnerin: 
Katja Corcoran, Professorin für Sozialpsychologie, Universität Graz
Gesprächspartner: 
Paul Eisewicht, Soziologe, Universität Münster
Host und Autorin: 
Shalin Rogall
Redaktion: 
Celine Wegert, Ivy Nortey, Anne Göbel 
Produktion: 
Philipp Adelmann