Gottfried Wilhelm Leibniz war Philosoph, Mathematiker und noch viel mehr. Als Höfling hatte er auch eine feste Rolle am Fürstenhof, die er bewusst wahrnahm. Ein Vortrag der Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger.
Gottfried Wilhelm Leibniz gilt als einer der größten Universalgelehrten aller Zeiten. Er war Philosoph und Mathematiker, Historiker und Jurist, Naturwissenschaftler und Erfinder. Sein Nachlass ist gewaltig und umfasst mehr als 40.000 Schriften.
"Aus der Sicht von Leibniz' Zeitgenossen adelte es den Gelehrten, wenn sich eine Fürstin mit ihm auf Augenhöhe unterhielt."
Es ist unumstritten, dass Leibniz ein bedeutender Wissenschaftler war. Er konnte aber überhaupt nur der Wissenschaftler und Gelehrter sein, der er war, weil er auch etwas anderes war – ein Höfling. Leibniz hat an Fürstenhöfen gelebt und gearbeitet. Er hat gekrönte Häupter beraten, war mit König*innen im Austausch und wusste, wie man sich am Hof zu verhalten hat.
Das Leben von Leibniz am Hof
In Ihrem Vortrag erzählt die Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger, was Leibniz über seine Stellung am Hof gedacht und wie er sich dazu verhalten hat. Um 1700 herum, so Barbara Stollberg-Rilinger, hat es das Ansehen eines Gelehrten aufgewertet, wenn er am Hof tätig war. Die Vorstellung, Wissenschaft müsse unabhängig sein von politischer Macht, habe sich erst viel später entwickelt.
"Leibniz wusste um die Logik des symbolischen Kapitals. Er wusste um die Wirkung des körperlichen Habitus, um die Macht der Sichtbarkeit und die Untrennbarkeit von Schein und Sein."
Leibniz war sich bewusst, dass seine Stellung am Hof sein Leben als Gelehrter erst möglich machte. Er hat sich viel Mühe gegeben, sich richtig zu verhalten. Man müsse Ansehen gewinnen, so Leibniz, und die richtige Art von Aufmerksamkeit erregen.
"Sehr bewusst war sich Leibniz auch, dass Beschaffenheit und Haltung des Körpers bei Hof eine ganz zentrale Rolle spielten."
Das Leben am Hof war körperlich anstrengend. Es gehörte sich, gut auszusehen und die richtige Körperhaltung zu haben. Was könnte da helfen? Leibniz hatte auch dafür eine Idee und hat damit gleich eine Erfindung von heute vorweggenommen: Laufschuhe mit Luftpolstersohle. Wenn man mit Draht ein Luftpolster an den Schuhsohlen befestigen könnte, dann, so Leibniz, würde man viel sanfter auftreten und bekäme beim Gehen Kraft zurück.
Barbara Stollberg-Rilinger ist Rektorin des Wissenschaftskollegs Berlin, Professorin für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Münster und korrespondierendes Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Ihr Vortrag hat den Titel "Leibniz, der Höfling". Sie hat ihn am 18. November 2023 in Göttingen gehalten, auf der Jahresfeier der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften.