Die AfD hat bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sehr stark abgeschnitten. Was auffällt: Besonders in der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren ist die Partei erfolgreich. Was die AfD jungen Menschen bietet.
Ganz oben auf der Liste der wahlentscheidenden Themen – noch vor der Migration – stand bei den jungen Wähler*innen in Sachsen und Thüringen die soziale Sicherheit. Die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen habe konkrete Zukunftsängste, die gezielt von der AfD genutzt oder gefördert werden, sagt der Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje.
"Das hat, glaube ich, auch viel damit zu tun, dass die jungen Menschen durch die Inflation besonders belastet sind. Man fängt ja erst an, Geld zu verdienen, und da belastet die Inflation noch mehr."
Besonders junge Menschen, die gerade erst anfangen, Geld zu verdienen, seien von der Inflation und der Angst vor steigenden Preisen stärker belastet als gutverdienende ältere Menschen.
Soziale Sicherheit und Migration: von der AfD strategisch genutzt
Auch das Thema Migration wird von der AfD bei der jungen Zielgruppe strategisch genutzt, sagt Johannes Hillje. Migrantinnen und Migranten würden als vermeintliche Konkurrenz für Arbeitschancen dargestellt. Zusätzlich verfange bei der jungen Altersgruppe auch die allgemeine Diffamierung der etablierten Parteien.
"Die jungen Wählerinnen und Wähler haben sich in der Corona-Politik von den Regierenden nicht gesehen gefühlt. In dieser Zeit ist tatsächlich viel Vertrauen verloren gegangen."
Während der Corona-Zeit haben sich viele junge Menschen von der Politik der Regierenden nicht beachtet gefühlt, so Hillje. In dieser Zeit sei viel Vertrauen verloren gegangen – und dieses Misstrauen habe eine Lücke für die AfD geöffnet.
Rechtsextreme Jugendkultur in Ostdeutschland
Für die Wahlentscheidung ist auch die Sozialisation und der gesellschaftliche Kontext, in dem junge Menschen aufwachsen, wichtig. In Ostdeutschland gibt es eine rechtsextreme Jugendkultur, sagt Johannes Hillje. Die AfD präge diese Kultur und sei dort mittlerweile ein zentraler Akteur. Die Partei habe insbesondere in Thüringen eine moderne Kampagne geführt – und dabei fast so etwas wie einen "Feelgood-Rechtsextremismus" verbreitet, erklärt Hillje.
Die AfD habe eine "moderne und helle Bildsprache" verwendet, so war auf einem Wahlplakat etwa Björn Höcke auf einem Simson-Moped zu sehen – für den Wahlkampf um junge Wähler*innen sei das stilprägend gewesen.
Unser Bild oben zeigt Björn Höcke – ebenfalls auf dem Simson-Moped – zu Beginn einer Zweirad-Wahlkampftour durch seinen Wahlkreis Greiz II.
"Hinzu kommt, dass viele Eltern in Ostdeutschland auch AfD wählen. Das prägt tatsächlich die politische Einstellung junger Menschen – und kann sich dann auch auf ihr Wahlverhalten auswirken."
Viele Eltern in Ostdeutschland wählen ebenfalls die AfD – und viele Kinder übernehmen diese Sichtweise, sei es am Esstisch oder im Urlaub, so der Politik- und Kommunikationsberater.
AfD mit stärkster Reichweite auf Tiktok
Darüber hinaus sei entscheidend, wie intensiv die AfD Tiktok bespielt. Sie ist dort die führende Partei mit der höchsten Reichweite, auch in Thüringen und Sachsen. Björn Höcke hat den reichweitenstärksten Account aller Politikerinnen und Politiker in Thüringen, erklärt Johannes Hillje.
"Die AfD spricht auf Tiktok gezielt junge Menschen an, indem sie die Nutzer duzt. Sie ist hier wirklich mit Inhalten unterwegs, die für junge Menschen gemacht wurden."
Die AfD nutzt Tiktok ganz gezielt, so Johannes Hillje. Sie verbreite dort nicht einfach nur Beiträge, die sie auch auf anderen Plattformen veröffentliche, sondern richte ihre Inhalte speziell an die junge Zielgruppe.
Erste Wahl prägt zukünftige Entscheidungen
Dieses Engagement auf Tiktok könnte sich für die AfD langfristig auszahlen, glaubt der Politik- und Kommunikationsberater. Denn aus der Wahlforschung ist bekannt: Die erste Wahl prägt die Wahlbiografie nachhaltig.
"Die AfD hat gute Chancen, dass ihr die jungen Wählerinnen und Wähler treu bleiben und womöglich auch bei den nächsten Wahlen wieder für sie stimmen werden."
Für die etablierten Parteien sei das Wahlergebnis ein Desaster. Es werde immer schwieriger, junge Menschen zu erreichen. SPD und CDU hätten ohnehin bereits eine eher ältere Wählerschaft – dort müsse man sich Sorgen machen, ob genug neue Wählerinnen und Wähler nachkommen.
Wenn man in die Zukunft blickt, drohen durchaus Verschiebungen in der Wählerschaft, sagt Johannes Hillje.