Die ärztliche Versorgung auf dem Land ist schlecht. Das ist nichts Neues. Nordrhein-Westfalen (NRW) hat als erstes Bundesland deshalb eine Landarztquote eingeführt. Mit dem neuen Wintersemester gehen die ersten Medizinstudenten an den Start, die diese Quote für sich genutzt haben. Ob die wirklich etwas bringt, bezweifelt Martin Jonathan Gavrysh von der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd).
Mit der Landarztquote in NRW wird es für jene einfacher, einen Studienplatz zu erhalten, die später in sogenannten unterversorgten Regionen für mindestens zehn Jahre als Ärzte und Ärztinnen arbeiten.
Medizin ist weiterhin ein beliebtes Studium - mit der Quote können manche lange Wartezeiten vermeiden, wenn der Numerus clausus nicht reicht. Wenn die Studierenden später aber doch nicht als Landärzte arbeiten, müssen sie eine Strafe von 250.000 Euro zahlen. Das ist ordentlich.
Das Interesse an der Quote ist groß
Dennoch haben sich im Rahmen des Landarztgesetzes auf die 170 reservierten Studienplätze über 1300 Interessierte beworben. Die Quote scheint also zu funktionieren und die hohe Strafe schreckt nicht alle ab.
Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. lehnt die Landarztquote dennoch kategorisch ab, so Martin Jonathan Gavrysh. Er ist im Vorstand der bvmd. Die Sorgen der Länder sei nachvollziehbar, aber die Quote sei nicht die richtige Maßnahme.
"Die Landarztquote wird weder akut noch langfristig zu einer Verbesserung der Versorgung beitragen."
Außerdem interessierten sich per se viele Medizienstudierende für die Arbeit als Landarzt. Das Berufsmonitoring Medizinstudierender von 2018 habe gezeigt, dass knapp die Hälfte der Medizinstudierenden sich vorstellen kann, später auf dem Land zu arbeiten. Die andere Hälfte habe definitiv kein Interesse an dieser Arbeit. Aber diese Begeisterung oder auch Abneigung entwickele sich eben oft erst im Laufe des Studiums. Die Landarztquote steht aber am Anfang des Studiums.
"Die Landarztquote setzt viel zu früh ein."
Martin Jonathan Gavrysh sieht die Gefahr, dass manche, die über die Landarztquote zum Studium kommen, später feststellen, dass die Praxis auf dem Land einfach nicht ihr Ding ist. Doch dann droht eben eine erhebliche Strafe.
Neue Arbeitsmodelle für junge Ärzte
Es brauche andere attraktive Anreize, damit sich Ärzte später in unterversorgten Regionen freiwillig niederlassen, so Martin Jonathan Gavrysh. Vor allem wünscht er sich neue Konzepte, die jüngere Ärztinnen und Ärzte ansprechen. Das könnten sein:
- Mehr Medizinische Versorgungszentren: Dort arbeiten Ärzte gleicher oder unterschiedlicher Fachrichtungen unter einem Dach zusammen. Die Hausarztpraxis sei ohnehin kein Modell für die Zukunft. Der Trend gehe zu integrierten Medizinischen Versorgungszentren. Vorteil ist auch, dass solche Zentren kurzfristig entstehen können und bald helfen können.
- Mehr flexible Arbeitsmodelle, um zum Beispiel zwischen solchen Versorgungszentren und Uni-Kliniken zu rotieren. Die Ärzte können dann Praxis, aber auch Lehre und Forschung kombinieren.
- Mehr Gemeinschaftspraxen, in denen sich Ärzte austauschen können und sich auch die finanziellen Risiken teilen.
- Innovative Telemedizin.
Solche Versorgungszentren fördern natürlich den Austausch, doch der Nachteil ist, dass die Versorgung eben geografisch zentriert wird.