Drei Uhr nachts: Über euch hämmert der Bass, ein Typ brüllt, dass er der Geilste ist – die Party scheint richtig gut zu sein. Leider findet sie ohne euch statt. Ihr müsst morgen früh raus. Ein Dilemma: Ihr habt schon das Handy in der Hand, um die 110 zu wählen. Oder geht ihr sogar selbst hoch und bittet freundlich-nachdrücklich um Ruhe? Oder ist das spießig?

Dass Krach – erst recht mitten in der Nacht – total nervt, ist klar. Doch sollten wir wegen Ruhestörung direkt die Polizei rufen? Legitim ist das vielleicht, viele Leute fühlen sich damit aber irgendwie auch nicht so richtig wohl. Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Melisa Gürleyen hat sich auf Kölner Straßen umgehört.

[Polizei rufen?] "Ich persönlich niemals in meinem Leben – weil ich auch schon eine Ruhestörung verursacht habe." – "Nur, wenn man mehrmals schon persönlich vorbeigekommen ist." – "Ich glaube, in der Nachbarschaft ist das eher so ein Geben und Nehmen."
Passanten aus Köln zum Thema Ruhestörung

Bei denen, die die Polizei gerufen haben, habe er auch immer gewusst, wer es war, hat uns ein Passant erzählt – und zwar "die Grimmigen". Dass viele von uns so einen Stempel nicht aufgedrückt bekommen möchten, hält unsere Reporterin für nachvollziehbar.

Gesetzliches Recht auf Ruhe

Wir haben in Deutschland ein Recht auf Ruhe – zumindest zu bestimmten Tageszeiten:

  • Die Nachtruhe ist von 22 Uhr bis 6/7 Uhr morgens auf Landesebene gesetzlich festgelegt (Landesimmissionschutz-Gesetz).
  • Außerdem dürfen wir werktags von 20 bis 7 Uhr keinen Krach mit lauten Gartengeräten (etwa Rasenmähern) machen.
  • An Sonn- und Feiertagen ist bundesweit den ganzen Tag Ruhe angesagt (Feiertagsschutz-Verordnung).

Dazu kommt ein bunter Katalog an Lärmschutz Maßnahmen, die zwar nicht in Landesgesetzen stehen, dafür aber in der Hausordnung oder im Mietvertrag. So gilt etwa in Mehrfamilienhäusern in der Regel eine Mittagsruhe zwischen 13 und 15 Uhr.

"Im Grunde könnte man wegen Verstößen gegen diese Ruhezeiten – insbesondere der Nachtruhe – die Polizei rufen."
Melisa Gürleyen, Deutschlandfunk Nova

Wer die Polizei ruft, sollte eine Begründung parat – und wenn möglich vorher mit den Nachbar*innen gesprochen haben. Das ist auch für den Hausfrieden besser.

Strategie: Gelassenheit vor 110-Anruf

Aus psychologischer Sicht ist unsere Wut über den Krach völlig nachvollziehbar, sagt Psychologin Eva Asselmann. Unserer Grundbedürfnis nach Ruhe wird gestört. Strategisch hält sie es aber für klüger, das Ganze erst mal gelassener zu sehen. Unsere Gesellschaft lebe davon, dass sich jede*r ein Stück weit zurücknimmt.

"Wenn wir bei der kleinsten Mücke direkt ausflippen würden und uns beschweren, dann hätten wir es als Gesellschaft sehr schwer."
Eva Asselmann, Psychologin

Wenn es wirklich gar nicht mehr geht und wir durch den Lärm extrem genervt sind, sei der fairste Weg immer noch, das Problem direkt anzusprechen.

Wie immer: Reden hilft

Es sei nämlich eine Art von Fairness, offen und freundlich zu kommunizieren, wenn man sich gestört fühlt. Denn: Es kann durchaus möglich sein, dass Nachbarn richtig sauer auf einen sind, weil sie sich permanent gestört fühlen – aber das immer weiter aufstauen und nichts sagen, so dass wir selbst vielleicht gar nichts davon wissen.

Shownotes
Ruhestörung durch die Nachbarn
Lärm: Warum wir nicht die Party crashen wollen
vom 16. Februar 2024
Moderation: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartnerin: 
Melisa Gürleyen, Deutschlandfunk Nova