Die Nazi-Propaganda vermittelte der Weltöffentlichkeit und den zur Deportation bestimmten Juden, dass Theresienstadt ein privilegiertes "Ghetto" sei, in dem prominente Juden in Ruhestand gehen konnten, Kinder und Jugendliche sogar Schulbildung genossen und ansonsten ein reiches kulturelles Leben herrschte. Doch in Wahrheit war Theresienstadt nur ein Teil der "Endlösung".
Das Ghetto Theresienstadt war hoffnungslos überfüllt. Ständig kamen neue Transporte mit tschechischen Juden an, die in die Konzentrationslager wie Ausschwitz weitertransportiert werden sollten.
Manche beharren darauf, es sei ein KZ gewesen. Andere glauben, hier hätten Privilegierte bei kulturellen Aktivitäten den Holocaust unter verhältnismäßig komfortablen Bedingungen überlebt."
Der Nazi-Propaganda gelang es, nach außen den Eindruck zu vermitteln, dass Theresienstadt ein bevorzugtes Lager sei, ein Bild, das sich immer wieder in der Literatur findet. Der Historiker Wolfgang Benz geht in seinem Vortrag "Theresienstadt - eine Geschichte von Täuschung und Vernichtung" auf diese Diskrepanz zwischen Schein und Sein ein, den er am 2. März 2014 im Rahmen eines Symposiums im Jüdischen Museum in Berlin hielt. Er geht aber auch der Frage nach, welche Funktion Theresienstadt letztendlich erfüllte. Der Medienwissenschaftler Hanno Loewy setzt sich mit der Propagandamaschinerie der Nationalsozialisten auseinander, die selbst vor inszenierten Filmen über Theresienstadt nicht zurückschreckte.
Der kulturelle Schein
Dankbar nutzten die Lagerkommandanten den Chor, den der tschechischen Dirigenten und Pianisten Rafael Schächter in Theresienstadt aufbaute. Er führte mit Hunderten von Häftlingen Verdis Messa da Requiem in Theresienstadt auf - der Beweis für das kulturelle Leben im Ghetto. Rafael Schächter und beinahe alle Chormitglieder wurden später von den Nazis ermordet.
Hochkultur in Theresienstadt
Der Holocaust-Überlebende Felix Kolmer berichtet in einer Reportage von Ariane von Dewitz über das Leben in Theresienstadt. Er erlebte auch, wie verbissen Rafael Schächter an der Choraufführung festhielt, auch wenn ständig Chormitglieder verschwanden, weil sie deportiert wurden. Immer wieder suchte Rafael Schächter unter den Neuankömmlingen nach neuen Sängern. Außer der Musik, Kunst oder Literatur gab es für die Häftlinge nichts als ein entwürdigendes Dasein in Hunger und Elend, berichtet Felix Kolmer
"Die elende Verpflegung stellte uns vor schwere Probleme, zumal mein Mann nach außen hin stets beherrscht und mit gesammeltem Humor immer kränklicher und schwächer wurde."
Viele Menschen starben meist kurz nach ihrer Ankunft in Theresienstadt: Hunger, Elend und eine hohe Sterblichkeit rafften viele dahin.
Insgesamt wurden 141.000 Juden, vor allem aus der Tschechoslowakei, Deutschland und Österreich, nach Theresienstadt deportiert, nur 23.000 von ihnen überlebten den Holocaust.
Die ausführliche Reportage von Ariane von Dewitz über Felix Kolmer gibt es auf Deutschlandradio Kultur nachzulesen und zu hören.