Die Kurzarbeit ist ein wichtiges Instrument der Wirtschaftspolitik, um in einer Krise die Wirtschaft am Laufen zu halten. Nur erreicht es selten diejenigen, die es am meisten bräuchten.
Eine Firma, die in einer Krise Kurzarbeitergeld beantragt, hat die Möglichkeit, ihre Mitarbeiterinnen zu behalten, selbst wenn es mal keine Arbeit gibt. In den letzten Wochen und Monaten konnte damit verhindert werden, dass sehr viele Menschen auf einen Schlag arbeitslos wurden. Zudem kann nun die Wirtschaft wieder schneller anlaufen und die Menschen sind gleichzeitig weniger auf staatliche Hilfen angewiesen.
Die Kurzarbeiterregelung gilt deshalb als eine grundsätzlich sehr gute Maßnahme, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Katja Scherer. Doch erreicht diese Maßnahme vor allem die, die zuvor schon gut verdient haben. Für alle anderen reichen die jetzigen Unterstützungen nur noch für das Nötigste.
Die Krise ist noch zu spüren
In der Hochphase der Krise haben Unternehmen in Deutschland für mehr als zehn Millionen Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt. Davon hat aber nur jede zweite Person tatsächlich in Kurzarbeit gearbeitet, sagt Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit.
Wie viele Menschen aktuell noch in Kurzarbeit sind, ist unklar. Jedoch geht Enzo Weber nach den durchgeführten Befragungen davon aus, dass das Niveau weiter hoch ist.
"Man kann schon sehen, so ganz gravierend ist das Kurzarbeitsniveau noch nicht gesunken."
Für viele Arbeitnehmende ist die Kurzarbeit-Situation sehr belastend, denn sie bedeutet vor allem eines: Unsicherheit.
Große Unterschiede zwischen Arbeitnehmenden
Denn diejenigen, die vor der Krise bereits ein gutes Gehalt hatten, bekommen auch während der Kurzarbeit noch zwei Drittel dieses Gehalts. Anders sieht es bei denjenigen aus, die auch davor nur wenig verdienten.
"Wenn man vorher gut verdient hat und dann noch rund zwei Drittel seines Gehalts bekommt, dann kann man davon meist gut leben. Das sieht aber anders aus, wenn man vorher schon wenig verdient hat."
Darunter fallen beispielsweise die Angestellten der Gastronomie-Branche. Hinzu kommt, dass sie sich unter normalen Umständen durch Wochenendzuschläge oder Trinkgeld noch einiges hinzuverdienen können, was aber bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes nicht berücksichtigt wird.
Aufstockung nur in gut bezahlten Branchen
Auch die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes kann man fast nur in Branchen sehen, in denen zuvor schon gut bezahlt wurde, sagt die Soziologin Bettina Kohlrausch vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung. Dabei legen die Betriebe das letzte Drittel des Gehalts aus eigener Tasche aus, sodass die Angestellten finanziell kaum Einbußen haben. In einer Studie von Anfang April fand das Institut heraus, dass untere Lohngruppen, aber auch Frauen nur selten von einer Aufstockung profitieren.
"Was wir vor allen Dingen gesehen haben, ist, dass die unteren Lohngruppen und auch Frauen seltener eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes bekommen. Das heißt: Diejenigen, die es häufiger gebraucht hätten, bekommen es häufiger nicht."
Zwar hat die Regierung darauf reagiert und bei Menschen, die länger als drei Monate in Kurzarbeit sind, das Kurzarbeitergeld von 60 auf 80 Prozent und bei Personen mit Kindern von 67 auf 87 Prozent erhöht. Laut der Studie des Teams von Soziologin Bettina Kohlrausch sind diese Erhöhungen allerdings drei Monate zu spät gekommen.
Kurzarbeit länger als ein Jahr möglich
In der Regel dürfen Firmen ihre Angestellten bis zu einem Jahr in die Kurzarbeit schicken. Jedoch hat die Bundesregierung diese Regel für einige Fälle abgeändert. Unternehmen, die beispielsweise schon vor der Corona-Krise Kurzarbeit angemeldet hatten, dürfen nun länger als ein Jahr in der Kurzarbeit bleiben.
Ausnutzen der Regelung
Derartige Regeln können jedoch immer wieder ausgenutzt werden, wenn Unternehmen beispielsweise nach über einem Jahr immer noch nicht genug Aufträge haben und ihre Mitarbeiter alle in eine Teilzeitanstellung schicken, sagt unsere Autorin Katja Scherer. Noch problematischer ist es, wenn Unternehmen das Kurzarbeitergeld vom Staat beziehen, ihre Mitarbeiter aber regulär weiterarbeiten.
"Problematisch ist, dass manche Unternehmen das Kurzarbeitergeld missbrauchen – also vom Staat Geld einfordern, obwohl ihre Mitarbeiter in Wirklichkeit normal weiterarbeiten."
Eine solche Aktion stellt für Unternehmen allerdings ein großes Risiko dar, sagt Katja Scherer. Fliegt der Betrug durch die Prüfung der Bundesagentur für Arbeit auf, drohen den Chefs nicht nur Geld-, sondern auch mehrjährige Haftstrafen.