Das Tool zur Auswertung von Suchanfragen "Google Trends" war nicht sehr erfolgreich bei der Voraussage der Grippe-Welle. Beim Thema Kurzarbeit könnte es besser klappen.
Auf trends.google.com lassen sich die Suchanfragen, die weltweit an Google gestellt werden, visualisieren und auswerten. Diese Auswertungen können einen Vorgeschmack darauf geben, was uns in den nächsten Wochen blühen dürfte, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Andreas Noll. Ein aktuelles Beispiel ist die Frage: Wie viele Kurzarbeiter werden wir in einiger Zeit haben?
Wie lange und wie schwer die Rezession sein wird, an deren Anfang wir uns gerade befinden, lässt sich zwar noch nicht sagen. Doch wie stark diese Krise die Unternehmen schon jetzt trifft, lässt sich gut an der Kurzarbeit abschätzen. Zum einen gibt es da die gerade erst von der Arbeitsagentur veröffentlichten Kurzarbeiter-Zahlen (470.000). Zum anderen gibt es eine Prognose, die auf Google-Suchanfragen basiert: Diese kommt auf bis zu zwölf Millionen.
Der Wirtschafts-Journalist André Kühnlenz hat die Daten ausgewertet und mit der letzten großen Krise 2009 und 2010 verglichen. Damals folgte auf den Anstieg der Suchanfragen nach "Kurzarbeit" und "Kurzarbeitergeld" mit zeitlicher Verzögerung dann tatsächlich auch der Antrag auf Kurzarbeit.
Sollte in der aktuellen Krise also das gleiche Verhältnis von Suchanfragen zu Anträgen auf Kurzarbeit gelten, dann müsste Deutschland bis Mai tatsächlich mit bis zu zwölf Millionen Menschen in Kurzarbeit rechnen. Das wäre historisch beispiellos, sagt Andreas Noll. Bei der großen Finanzkrise 2009 waren es auf dem Höhepunkt 1,5 Millionen Menschen.
"Auch der Sachverständigenrat der Bundesregierung bezieht sich auf die Google-Zahlen."
Tatsächlich werden die Google-Zahlen ernst genommen. Der Sachverständigenrat, der die Bundesregierung berät, verweist in einem Sondergutachten auf die Google-Berechnung von André Kühnlenz. Allerdings schränken die Experten ein, dass die Zahlen auch durch die Berichterstattung über Kurzarbeit verzerrt sein könnten.
Google Trends für die Analyse der Virus-Verbreitung eher nicht zu gebrauchen
Dass sich mit der Suchanfragen-Auswertung auch der Anti-Virus-Kampf nachhaltig verbessern lässt, glaubt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Andreas Noll dagegen nicht. Denn viele Infizierte zeigten ja zunächst einmal keine Krankheitssymptome. Trotzdem seien sie in dieser Zeit ansteckend. Wie groß dieser Anteil der symptomlosen Infizierten ist, ist eine wichtige Frage. Bei deren Beantwortung könnten Symptom-Suchanfragen in der Suchmaschine aber nicht weiterhelfen.
Bei der Grippe, der Influenza, haben die Suchtrends dagegen sehr wohl eine Rolle gespielt. Vor elf Jahren haben Google-Wissenschaftler dazu einen Aufsatz im Fachmagazin Nature veröffentlicht. Darin habe sich einen Zusammenhang zwischen der Suche nach Grippe-Symptomen bei Google und der Verbreitung der Krankheit ausgemacht.
Kritik an "Google Flu Trends"
Google hatte damals sogar eine eigene Website für die "Flu Trends" eingerichtet, die vor fünf Jahren eingestellt wurde. Der Grund: In den ersten Jahren war die Vorhersage der Grippe-Wellen recht zuverlässig, später gab es aber Pannen. 2012/2013 hatte Google die Stärke der Grippewelle in den USA zum Beispiel völlig überschätzt. Das könnte mit Änderungen des Such-Algorithmus zusammenhängen, sagt Andreas Noll.
"Big Data ist ein sehr mächtiges, aber auch komplexes Werkzeug. Es kann einen auch schnell in die Irre führen."
2015 haben Statistiker der Harvard-University übrigens versucht, die Schwächen der "Google Flu Trends" mit einem Nachfolgemodell auszubügeln.