Das Bild "Girl with Balloon", das sich kurz nach einer Auktion im Jahr 2017 selbst zerstörte, wurde nun erneut versteigert – für einen vielfachen Preis.
Das Auktionshaus Sotheby’s hat das Werk "Love is in the Bin" des Streetart-Künstlers Banksy für 16 Millionen Pfund versteigert. Das sind fast 19 Millionen Euro. Das Werk ist 2017 unter dem Namen "Girl with Balloon" berühmt geworden. Damals hatte eine Frau es für 1,2 Millionen Pfund ersteigert – kurz nach der Auktion zerstörte sich das Bild durch einen eingebauten Schredder-Mechanismus. Mit der neuen Rekordsumme übersteigt das Bild um ein Vielfaches die Erwartungen an die Auktion vom 14. Oktober. Experten hatten mit ungefähr sieben Millionen Pfund gerechnet.
Stefan Koldehoff aus der Dlf-Kulturredaktion erklärt, dass es sich bei dem Bild um ein einmaliges Kunstwerk handelt: "So ähnlich wie damals, als Marcel Duchamps ein Pissoire signiert und gesagt hat: Das ist Kunst. So ähnlich ist es mit diesem Banksy-Werk."
Kritik am Kunstmarkt
Der Plan zu "Girl with Balloon" war ursprünglich etwas anders: Banksy hatte sich hinterher zu Wort gemeldet und erklärt, dass er das Bild eigentlich sich komplett zerstören lassen wollte. Dass es also nicht mehr hätte weiterverkauft werden können. Aber das Konzept ging nicht auf, der Mechanismus schredderte das Bild nur zur Hälfte.
"Die Käuferin hat Schwein gehabt, dass das nicht funktioniert hat."
Diese Schredder-Aktion eines ersteigerten Kunstwerks gilt als Kritik am Kunstmarkt. Auch als Kritik am Kapitalismus. Gleichzeitig trägt Banksy mit solchen spektakulären Aktionen aber auch dazu bei, dass seine Werke immer teurer werden. Stefan Koldehoff sagt, er glaube eher nicht, dass Banksy seine Aktionen wirklich plant, um die Preise anzuheizen.
Der Mythos Banksy
Bis heute weiß niemand, wer hinter Banksy steckt. Es gibt verschiedene Theorien dazu. Zum Beispiel heißt es, er komme aus der Gegend um Bristol kommt. Dort waren erste Werke von ihm aufgetaucht, und da ist er auch besonders oft tätig.
Es kursieren Namen und die Vermutung, es handele sich um einen französischen Graffiti-Künstler. Es gibt auch die Theorie, dass ein Kollektiv dahinter stecke. Stefan Koldehoff vermutet, all das diene nur dem Ziel, sich dadurch interessanter zu machen. Er geht deshalb davon aus, dass Banksy ein echter Streetart-Künstler ist, denn auch bei vielen anderen Grafitti-Künstlern wisse man nicht unbedingt, wer dahinter steckt.
"Bei den meisten Graffiti zum Beispiel in Köln, Berlin, München oder Frankfurt wissen wir ja auch nicht, wer dahinter steckt, wenn wir die Tags nicht entziffern können, die so eine Art Signatur sind."
Die Kunst von Banksy sei irgendwann aufgefallen: Der Terrorist, der keine Bombe wirft, sondern ein Blumenstrauß in der Hand hat. Die vielen Bilder mit den Ratten, die alle möglichen Dinge machen, die Kommentare zu Brexit und zur Migration, zu Nahost und zum Sterben der Fabriken in Großbritannien. "Das sind so kräftige Kunstwerke, dass man angefangen hat, die aus Wänden herauszuhauen und zu Auktionen zu geben – und dafür schon sechsstellige Summen erzielt hat. Und da kommt erst der Kunstmarkt ins Spiel. Also Kalkül des Künstlers, glaube ich, war das alles gar nicht", sagt Stefan Koldehoff.
Wie der Kunstmarkt tickt
Die Anonymität Banksys fördert den Hype um ihn und seine Kunst. Allerdings gilt Grafitti-Kunst offiziell als Sachbeschädigung, erklärt Stefan Koldehoff. "Inzwischen ist das, glaube ich – neben dem Selbstschutz, nicht in allen Hochglanz-Kunst-Magazinen auftauchen zu wollen – auch eine Marke geworden, und inzwischen verkauft er ja auch sehr gut selbst", sagt der Kulturredakteur.
"Er vermarktet sich inzwischen auch ganz gut selbst. Muss er auch – von irgendwas muss er ja leben."
Ist denn die Kunst von Banksy wirklich so besonders, dass es diesen Hype rechtfertigt? Stefan Koldehoff findet, dass die Werke von Banksy oft sehr schöne, treffende, bissige Kommentare zu aktuellen Ereignissen oder zu politischen Ereignissen sind. "Das ist große Kunst", sagt der Kulturredakteur.
Gleichzeitig erklärt er, dass Kunst reine Marktwirtschaft ist. Es müsse nur irgendwer einen Preis bezahlen, dann sei alles möglich.
Kein Maß für Kunstpreise
Es gebe eben kein Maß, kein Gewicht, keinen Quadratzentimeter-Preis, um den Wert eines Kunstwerks zu berechnen. Es gibt nur gefallen oder nicht gefallen. "Wenn Leute so viel Geld für wirklich gute Kunst bezahlen, ist es doch in Ordnung – besser als für ein Auto, das die Umwelt verpestet."
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